Progressive Scan intern / extern, die Arbeitsweise, die Probleme |
Einführung in ein komplexes Thema |
Progressive Scan hat sich in den letzten
Monaten zu einem Schlagwort in der Heimkinobranche entwickelt. Angefangen
bei DVD Playern bis hin zu Plasmafernsehern werben immer mehr Hersteller
mit der Progressive Scan Fähigkeit ihrer Geräte. Doch was verbirgt
sich hinter diesem Kaufargument?
Die PAL bzw.. NTSC Systeme sind bereits viele
Jahrzehnte alt und unterliegen dementsprechend zahlreichen Limitationen.
Ihre vertikale Auflösung beträgt 576 bzw.. 480 Zeilen bei der
DVD Wiedergabe. Diese Auflösungen sind im Grunde akzeptabel, doch
eine große Einschränkung ergibt sich aus dem verwendeten Zeilensprungverfahren
(Interlacing). Hierbei werden zunächst alle ungeraden Zeilen (1,
3, 5, ...) und anschließend alle geraden Zeilen (2, 4, 6, ...) des
Bildes übertragen. Die im Augenblick jeweils nicht übertragenen
Zeilen bleiben schwarz.
Die Darstellung dieser sogenannten "Halbbilder" wiederholt sich 50 bzw. 60 mal pro Sekunde. Durch diesen optischen Trick wird die vertikale Auflösung halbiert. Dies bleibt durch die Trägheit des Auges bei stehenden Objekten weitgehend unbemerkt.
Tatsächlich leidet aber die Detailtreue erheblich und bei bewegten Bildern wirkt das Bild unruhig bzw. gestreift. Jedes Halbbild stellt ein eigenes Bild mit halber Auflösung dar und ergänzt sich mit dem nächsten Halbbild in bewegten Teilen nicht mehr zu einem Vollbild wie oben.
Da sich die Bananen bei jedem Halbbild in einer anderen Position befinden, franzen die Konturen stark aus. Diesen Effekt nennt man Kammeffekt oder "Combing". Weiterhin werden Details, die so klein
sind, dass sie nur in einer Zeile erscheinen, bei jedem zweiten Halbbild
"verschluckt". Sie tauchen also abwechselnd auf und ab:
Die Haare auf der Kiwi sind so
klein, das ein großer Teil in Halbbild 2 (rechts) verschluckt wird.
Auch im aufgeschnittenen Teil fehlen Details. Diese Details fangen durch
die abwechselnde Darstellung an zu flimmern. Der Effekt heißt "Line
Twitter".
Bei der Filmüberspielung auf Video wird jedes Filmbild in zwei aufeinanderfolgende Halbbilder umgewandelt: Das erste mit allen ungeraden Zeilen, das zweite mit allen geraden. Dieses Verfahren nennt sich 2:2 Pulldown:
Ein Kinofilm wird mit 24 Bildern pro Sekunde aufgenommen. Wie oben bereits erläutert, arbeitet unser Fernsehsystem jedoch mit 50 Halbbildern pro Sekunde. Da 50 leider kein Vielfaches von 24 ist, wird ein kleiner Trick benutzt, um das Filmmaterial "passend" zu machen: Statt 24 Bilder pro Sekunde werden 25 Bilder pro Sekunde überspielt, also ein Bild zu viel. Diese 25 Bilder werden dann in 50 Halbbilder aufgeteilt, die dann im Halbbildverfahren (Interlaced) auf unseren Fernseher erscheinen, jedes Kinobild ergibt zwei aufeinander folgende Halbbilder. Aus diesem Trick ergibt sich eine leichte Anhebung (ca. 4%) der Filmgeschwindigkeit. Ein Film, der im Kino z.B. ein Lauflänge von 100 Minuten aufweist, hat in der Homevideo Edition nur noch eine Länge von 96 Minuten, der Film läuft etwas zu schnell. Doch dieser Unterschied ist äußerst gering und nur im direkten A/B Vergleich zu bemerken. Allerdings läuft auch der Ton 4% zu schnell, was manche Heimkino Enthusiasten stört.
Progressive Scan ist eine Weiterentwicklung,
die die Halbbildwiedergabe des herkömmlichen Pal Signals eliminiert.
Statt 50 Halbbildern (288 Zeilen) pro Sekunde werden nun 50 Vollbilder
mit jeweils 576 Zeilen wiedergegeben. Die vertikale Auflösung wird
somit verdoppelt. Dadurch erscheint das übertragene Bild deutlich
klarer und detaillierter. Auch das lästige Zeilenflimmern ist nicht
mehr vorhanden. Progressive Scanning ist im Computer Bereich seit Jahren
Standard (jeder VGA Monitor arbeitet progressiv) und hat auch durch die
DVD-Technologie vermehrt Einzug in die Heimkinowelt genommen. Offiziell
existiert allerdings nur der NTSC Progressive Standard (480p bei 60Hz).
PAL Progressive (576p bei 50Hz) wird von DVD Playern in der Regel nicht
unterstützt.
Filmmaterial wird, wie oben erläutert, in 50 Halbbildern pro Sekunde aufgeteilt, 2 Halbbilder ergeben zusammengesetzt ein Filmbild: Dieses Zusammensetzen muss also bei der Progressive Wiedergabe von den entsprechenden Geräten digital vorgenommen werden. Der DVD Player bzw. TV oder Projektor nimmt zwei aufeinanderfolgende Halbbilder, flechtet sie zu einem Vollbild zusammen, und gibt das Bild aus. Dieses sogenannte "Weaving" klingt in der Theorie äußerst einfach, kann in der Praxis jedoch zahlreiche Probleme ergeben.
De-Interlacing von Filmmaterial
bietet einige Vorteile gegenüber dem interlaced Ausgangsmaterial.
Videomaterial wird direkt interlaced
aufgezeichnet: Dokumentationen, Konzerte, Shows, Sportübertragungen,
Bonusmaterial, Making Ofs etc. etc.
Beim Bobbing wird aus einem Halbbild mit 288 Bildzeilen ein Vollbild skaliert. Hierbei werden die 288 fehlenden Bildzeilen aus den oberen und unteren Zeilen des Ausgangsbildes interpoliert. Die Qualität des Ergebnisses hängt von der Intelligenz des verwendeten Bobbing Algorithmus ab: Schlechtes Bobbing (z.B. simple Zeilenverdopplung) führt zu Blockbildung und Pixeln, die einfach nur doppelt so groß wie die ursprünglichen Pixel sind.
Beispiel: Die Bananen aus dem Original werden als Halbbild gemastert. Der De-Interlacer berechnet ein Vollbild durch schlechtes Bobbing. Das Ergebnis ist wesentlich pixeliger als das Original. Gutes Bobbing führt zu deutlich
besseren Ergebnissen, aber auch hier sind die Ergebnisse nicht perfekt,
Das Bild wirkt weicher, da die Extrazeilen auch bei guter Interpolation
nicht genau so berechnet werden können, dass sie ganz und gar dem
Original entsprächen.
Bei dieser Technik werden zwei aufeinander
folgende Halbbilder in einem Vollbild zusammengefasst, "zusammengeflochten".
Vertical Filtering wird überwiegend von Software DVD Playern auf PCs und bei billigen MPEG Decoder Karten eingesetzt. Hier wird das Vollbild durch die Weave Technik erzeugt, sprich aus zwei Halbbildern zusammengesetzt. Die bei Bewegung entstehenden Kammeffekte werden anschliessend "weichgezeichnet", also verunschärft, um den Kammeffekt zu vertuschen. Dies führt zu einer denkbar schlechten Bildqualität, die DVD wird deutlich unschärfer und Details gehen verloren.
Diese fortgeschrittenste aller De-Interlace Techniken ist eine Kombination
aus "Weave" und "Bob". Das Bild wird zunächst
auf Bewegung hin analysiert. Unbewegte Bildteile werden durch Weave aus
zwei aufeinanderfolgenden Halbbilder zusammengesetzt, dadurch entsteht
kein Auflösungsverlust durch Interpolation.
Oft wird durch die Presse der Anschein erweckt,
dass DVDs das Bildmaterial grundsätzliche progressiv abspeichern
und erst der Player dieses progressive Material in Halbbilder aufteilt.
Dies ist jedoch ein Märchen. Ebenso wenig stimmt es, dass die Progressiv-Ausgabe
einer DVD für den Player leicht sei, da er das Interlacing hier "vergessen"
kann und die Bilder direkt progressiv von der Disk liest und ausgibt.
Das genaue Gegenteil ist der Fall: DVDs sind so gemastert, dass ein DVD
Player bei der Interlaced-Wiedergabe sich um nichts kümmern muss
und streng und "dumm" den Flag-Anweisungen (siehe Kapitel 3.1)
der DVD folgt. Bei Progressive Scan hingegen muss er ständig analysieren,
was für ein Bildmaterial (Film/Video) vorliegt und wie ursprüngliche
Vollbilder wieder hergestellt bzw. neu berechnet werden können. - DVDs sind konzeptionell interlaced und arbeiten mit interlaced Sequenzen - Vollbilder (Frames) können als "progressiv" markiert werden, um der Kompression zu helfen, sind es aber nicht immer. - Interlaced Video kann vom Encoder als interlaced Video in Halbbildern aufgezeichnet werden, ebenso kann er aber auch nicht zusammenpassende Halbbilder zu progressiven Vollbildern zusammenkombinieren um die Kompression zu verbessern. - Die Aufzeichnung ist somit keinerlei
Anhaltspunkt, wie das Ausgangsmaterial beschaffen war.
Durch oben beschriebene Freiheiten des MPEG2 Encoders behilft man sich sogenannter Flags, die wieder Ordnung ins "Chaos" bringen sollen. Die Flags sind im Datenstrom der DVD aufgezeichnet. Im MPEG2 Datenstrom existiert ein Flag "Picture Structure". Es kann angeben, ob es sich beim entsprechenden Bild um ein progressives Vollbild mit 720x576 Pixeln oder um ein Halbbild (gerade oder ungerade Zeilen) mit 720x288 Pixeln handelt. Das Flag "progressive frame"
dient als Hinweis, dass zwei bestimmte Halbbilder aus ein und dem selben
Filmbild entstammen: Diese Zusatzinformation dient einer verbesserten
Zeitlupenwiedergabe, Pausenbildern oder 4:3 Umrechnung, für die interlaced
Wiedergabe des Films ist sie aber uninteressant.
Auch der progressiven Bildwiedergabe eines DVD Player kann dieses Flag nicht immer helfen. Der MPEG2 Decoder hat nämlich die Freiheit, zwei Halbbilder zu einem Vollbild zu kombinieren, auch wenn sie aus zwei unterschiedlichen Filmbildern stammen, alles nur um die Kompression zu verbessern. In diesem Fall sollte das Progressive Flag auf der DVD natürlich nicht gesetzt sein, ist es durch Masteringfehler aber oft doch. Einem Interlaced Player stört dies wenig, da er dieses Flag gar nicht erst ausliest, doch ein progressive DVD Player gibt, sofern er sich auf die Flags verlässt, ein Vollbild aus, das aus zwei verschiedenen Filmbildern besteht und nicht zusammenpasst.
Man erkennt leicht, die DVDs können denkbar "chaotisch" gemastert sein, nur um die Kompression zu verbessern (Interlaced Video als Vollbilder, Filmbilder als Interlaced Video etc. etc.) Sind hier die Progressive Flags nicht richtig gesetzt, so stört das 99% aller Benutzer nicht, nur Progressive DVD Player bekommen ihre Probleme.
Durch die Komplexität des DVD Masterings kommt es immer wieder zu Fehlern bei der korrekten Flagsetzung. Die häufigsten Fehler:
Bei manchen Filmüberspielungen wechselt das Progressive Flag ständig. Bei einem Bild ist es gesetzt und signalisiert so, dass zwei Halbbilder aus einem Filmbild stammen. Bei den nächsten zwei Halbbildern ist das Flag dann nicht gesetzt, als ob es sich um interlaced Videomaterial handelt, sprich die Halbbilder kommen nicht aus einem Filmbild, obwohl sie es in Wirklichkeit tun. Progressive DVD Player, die sich ausschliesslich auf die Flags verlassen, schalten ständig zwischen Film Mode Decoding "Weave" (vgl. 2.2.2) und Video Mode Decoding "Bob" (vgl. 2.2.1) hin und her, obwohl ein kontinuierliches Weaving richtig wäre. Beispiel: Halbbilder 1&2
sind als progressive ausgezeichnet. Der DVD Player fügt die Halbbilder
zu einem Vollbild zusammen, das er zweimal ausgibt. Halbbilder 3&4
sind als nicht progressiv markiert. Der DVD Player muss durch Interpolation
aus Bild 3 bzw. 4 ein entsprechendes Vollbild berechnen. Ein Qualitätsverlust
ist die Folge. In diesem Beispiel sieht man deutlich, dass die "B"s
in Bild 3 und 4 nicht so perfekt erscheinen wie das "A" und
das "C". Die beiden "B"s sind sogar unterschiedlich,
da sie aus unterschiedlichen Halbbildern berechnet wurden.
Einige Film-DVDs haben das Progressive Frame Flag durchgehend
nicht gesetzt. "Offiziell" handelt es sich also nicht um Bildmaterial,
das aus Film gewonnen wurde. Beispiel: Obwohl Halbbilder 1&2, 3&4 und 5&6 jeweils aus einem Filmbild stammen, sind sie nicht als progressive deklariert. Der DVD Player interpoliert aus jedem einzelnen Halbbild ein Vollbild, anstelle die zusammengehörigen Halbbilder zusammenzusetzen. Die sich ergebenden Buchstaben in den Vollbildern erscheinen weniger detailliert und unterscheiden sich sogar untereinander. Eventuell werden auch Halbbilder zusammengeflochten, die nicht aus ein und dem selben Filmbild kommen. Dann entsteht der ungewollte Kammeffekt (vergleiche Bild in 3.1)
Umgekehrt kann es vorkommen, dass DVDs mit Videomaterial das Progressive Flag gesetzt haben. Es wird also vorgetäuscht, dass je zwei Halbbilder aus ein und dem selben Vollbild stammen, obwohl dies nicht der Fall ist. Ein PS DVD Player wird dazu verleitet, nicht passende Halbbilder zusammenzusetzen. Neben dem Kammeffekt entsteht auch Bildruckeln.
Ein großer Teil wird
auf Film ursprünglich aufgenommen, aber letztendlich als Videomaterial
nachbearbeitet und geschnitten. Dies ist billiger und wir gerade bei Fernsehserien
und Fernsehfilmen durchgeführt.
Wie man erkennt, ist das
einfache Progressive Auslesen einer DVD durch den Player ein Märchen.
Es gibt auf der DVD keinen einheitlichen Standard, der z.B. FilmDVDs grundsätzlich
progressiv aufzeichnet und Videomaterial interlaced. Dies wäre für
die Filmstudios auch nicht praktikabel, da auch viel Material, dass ursprünglich
auf Film aufgenommen wurde, auf Video konvertiert, nachbearbeitet und
auch editiert wird. 5.0 Progressive DVD Player Vs. PS- De-Interlacer in TV / Plasma / Projektor Viele Projektoren und Plasmafernseher
haben durch ihre Projektionstechnik bereits eingebaute De-Interlacer.
Bei Digitalprojektoren (LCD,DLP & Co) erfolgt die Bildausgabe z.B.
stets progressiv. Zu einer Halbbilddarstellung sind sie gar nicht in der
Lage.
Da die progressive Bildwiedergabe leider immernoch nicht zu unseren Fernsehstandards gehört, ergeben sich zahlreiche Probleme, die durch komplexe Elektronik "ausgebügelt" werden müssen. Qualitätsunterschiede zwischen Geräten können nur durch eingehende Analyse mit diversem Bildmaterial ausgemacht werden. Cine4Home wird Progressive taugliche DVD Player und Projektoren / TVs unter oben beschriebenen Gesichtspunkten stets genau analysieren / bewerten. E. Schmitt |