Wie bereits angekündigt, gab es in den letzten Wochen eine Wende in unseren Recherchen: Nach unseren Analysen und Sektionen hat Sony unser Angebot angenommen und sich mit uns in Verbindung gesetzt und das Thema Drift und Kontrastverlust bei SXRD Projektoren offen erörtert. Man hat sich extra einen Tag Zeit genommen, um unvoreingenommen sich mit uns austzutauschen.
Und wie immer, tauscht man sich direkt aus, ist das Ergebnis wesentlich produktiver: Wir waren positiv überrascht, dass man uns wirklich offen und ehrlich begegnet ist und nicht versucht hat, das Thema kleinzureden bzw. uns als Journalisten zu diskreditieren, wie es zuvor versucht wurde. Vielen Dank schon vorab, dafür.
Dadurch gibt es neue Erkenntnisse, sowohl zur vergangenen VW-, als auch neuen XW- Serie und neue Anhaltspunkte, die wir für weitere Analysen verwenden können. In diesem Special werden wir diese möglichst verständlich für unsere Leser festhalten und einen Ausblick geben, wie wir diese neuen Erkenntnisse auch in weiteren Analysen überprüfen können
1. Ein weiterer Sony XW-Test
Vorab wollen wir aber einen weiteren Langzeittest präsentieren: Ein weiterer VPL-XW5000 der ersten Charge mit ca. 1300 Stunden ist uns in die Hände gefallen und wir haben ihn wieder auf Farbraum, Gamma und Kontrast hin überprüft:
Wie die Ergebnisse zeigen, gibt es dabei wenig Überraschungen: Die Farbtemperatur war stabil, das Gamma ist aber leicht Richtung 2,1 gefallen, der native Kontrast betrug 8500:1. Wir selber hatten diesen XW5000 zwar nicht als Neugerät vermessen, aber der engagierte Besitzer kam bei Neukauf auf einen sehr ähnlichen Wert (8200:1). Vor diesem Kontext kann man schließen, dass auch dieser XW bisher kontraststabil ist, aber wir müssen auch immer wieder betonen, dass der Zeitraum seit Einführung der XW Serie noch nicht die kritische Marke von zwei Jahren überschritten hat, ab dem sich erfahrungsgemäß Verluste zeigen. Trotzdem: Unsere ersten Analysen machen diesbezüglich Mut, wir bleiben aber hier natürlich für unsere Leser am Ball.
2. Die technischen Hintergründe
Mangels offizieller Informationen haben wir in zahlreichen Analysen und TearDowns selbst nach den Ursachen des Kontrastverlustes geforscht. Als gesichert und von der Praxis weitgehend gedeckt galt die Tatsache, dass die Luftfeuchtigkeit einen gewissen Einfluss auf den Kontrastverlust nimmt und nicht die Nutzungsdauer. Im Gegenteil: Ungenutzte Projektoren wiesen nicht selten einen stärkeren Verlust auf, als viel benutzte. Der Schluss lag nahe, dass also nicht „Abnutzung“ einen Kontrastverlust auslösen, sondern Oxidation. Unser Teardown eines VPL-VW95 scheint dies zu belegen, denn dort haben wir angegriffene WireGrids gefunden. Besagte Wiregrids stellen die Polfilter eines LCOS Projektors da und stehen damit im direkten Zusammenhang zum Schwarzwert. Da es sich um Metallbedampfte Gläser handelt, unterliegen sie auch der Gefahr der Oxidation, wie zahlreiche Whitepaper von Herstellern belegen.
Soweit so eindeutig, aber es gibt auch Widersprüche: JVC D-ILA Projektoren unterliegen zwar auch einem Drift, aber keinem Kontrastverlust. Bei den meisten Generationen (auch der neuesten) sind zwar die Wiregrids in Glaskörper laminiert, was einer Oxidation vorbeugt, aber es gab auch Modelle, bei dem die Wiregrids (wie bei Sony) freiliegen, dennoch war hier kein Kontrastverlust zu verzeichnen. Eine Erklärung könnte sein, dass JVC über einen anderen, exklusiven Zulieferer der Wiregrids verfügt (tatsächlich ist das der Fall), aber: Wenn ausschließlich die zugelieferten Wiregrids die Ursache sind, dann hätte Sony im Laufe der Jahre doch durch Wechsel das Problem beheben können? Diese Umstände legen nahe, dass die Wiregrids zumindest nicht die alleinige Ursache der Problem sein müssen.
Sony hat oft selbst seine 4K SXRD Paneltechnologie als besonders
kontrasteffektiv beworben
Spätestens seit der 4K/VW-Serie scheinen die Wiregrids auch nicht alleinige Ursache zu sein: Mit ihrer Einführung wurde nicht nur die Auflösung auf natives 4K erhöht, sondern auch die Ansteuerung von analog auf komplett digital umgestellt: Die einzelnen Flüssigkeitskristalle wurden nicht mehr in ihrem Winkel per Spannung analog „gedreht“, sondern kennen nur noch den Zustand „an“ (volle Drehung = Weiß) und „aus“ (Ruhezustand = Schwarz). Die einzelnen Graustufen werden dabei durch Pulsweitenmodulation erzeugt, wie bei der DLP Technologie. Auch JVC hat diesen Wechsel zu ähnlicher Zeit vollzogen, damals noch bei den FullHD Panels (die bei Sony bis zum Schluss analog blieben).
Der Wechsel auf eine volldigitale Steuerung bringt zwar den Nachteil einer geringeren Bittiefe mit mehr Rauschen in dunklen Partien, erlaubt aber eine stabilere Ansteuerung und Stabilität. Dies zeigte sich auch bei der Sony 4K VW-Serie, denn der massive Farbraumdrift der HW Serie findet hier nicht in demselben Maße statt. Dennoch zeigte sich aber im Laufe der Zeit, dass auch die neue VW Serie vor Drift und Schwarzwertverlust nicht gefeit ist, auch wenn er hier wesentlich moderater von statten ging, als bei den analogen FullHD Panels.
Fasst man all dies zusammen, so liegt der Verdacht nahe, dass nicht alleine die WireGrids, sondern auch die Panels einen Einfluss auf das Phänomen haben können und die Lösung sich wesentlich schwieriger gestaltet, als der Austausch eines Zuliefer-Bauteils. Dies wurde uns schließlich auch bestätigt, wie wir im folgenden Abschnitt aufzeigen.
Wie bereits erläutert, erzeugen moderne LCOS Projektoren die Helligkeitsmodulation durch Flüssigkeitskristalle und Polarisation. Für Schwarz bleibt eine Polarisationsveränderung des Lichtes aus, dadurch geht das Licht, das vorher die Wiregrids passiert, wieder „den Weg, des es gekommen ist“, zurück in die Lampe. Für Weiß wird das Licht „gedreht“ (umpolarisiert) und über das Wiregrid in Richtung Projektionsobjektiv gelenkt.
Funktionsweise von LCOS Panels
Auf den Schwarzwert und Kontrast eines LCOS Projektors können demnach ausschließlich das Wiregrid und das Panel Einfluss nehmen. Und hier kommt wieder die Luftfeuchtigkeit ins Spiel: Tatsächlich können die Kristalle im Panel Schaden nehmen, wenn Feuchtigkeit in das Panel dringt. Dass Feuchtigkeit in ein abgedichtetes Panel eindringen kann, klingt zunächst überraschend (da sie ja abgedichtet sind), aber ein gewissen Ein-Diffundieren kann anscheinend nicht ganz verhindert werden. Dadurch kann die Kristallstruktur beschädigt werden, der Kontrast des Projektors nimmt ab.
Dass das Panel mit ursächlich ist, erklärt einige Fragen, die bisher offen waren: Das Panel ist die Komponente im ganzen Lichtweg, die nicht schnell verbessert / getauscht werden kann. Neben der umfangreichen Analyse und entsprechenden Neuentwicklungen muss auch der gesamte Produktionsprozess umgestellt werden. Dies alles braucht Zeit und ist nicht von „heute auf morgen“ lösbar, es ist also eine Erklärung, warum das Phänomen so lange existiert.
Es erklärt auch, warum das Phänomen so unberechenbar sich zeigte: Viel benutzte Projektoren waren zwar meistens weniger betroffen (weil die Nutzung für Wärme und so trockene Luft sorgt), aber hier gab es Ausnahmen. Umgekehrt haben viele kaum benutzte Modelle einen Drift, aber es gab auch stabile. Beachtet man alle Ursachen, dann unterliegt die Stabilität auch einer gewissen Serienstreuung der Panels in Sachen Feuchtempfindlichkeit.
3. Die neue Panelgeneration der XW-Serie
Uns wurde deutlich gemacht, dass die neue Panel-Generation überarbeitet wurde und nun langzeitstabil auch bei Nichtnutzung bzw. normaler Luftfeuchtigkeit sein soll.
Mit der neuene Generation sind die Panels
auch kleiner geworden, die Auflösug wurd auf UHD angepasst
Unsere bisherigen XW-Messungen (vgl. oben) zeigen bisher nur den üblichen LCOS-Drift, aber keinen Kontrastverlust. Leider sind diese Messreihen noch nicht hinreichend, weil die XW-Serie noch zu jung für mehrjährige Erfahrungswerte ist.
Die XW-Serie (links) hat die VW-Serie (rechts)
2022 komplett ersetzt.
Erst in einem Jahr können hier erste Messreihen als hinreichend bezeichnet werden. Aber: Man hat uns auch verraten, dass die neue Panelgenration bei den Profigeräten schon früher umgesetzt wurde und der Heimkino Hybrid GTZ380 über diese ebenfalls schon verfügt.
GTZ380…langzeitstabil?
Das erklärt auch, warum Sony beim GTZ380 selbstbewusst einen nativen Kontrast von 16,000:1 in den technischen Daten angibt, während es bei vergangenen (Consumer) Geräten schon seit Jahren keine Herstellerwerte diesbezüglich gibt. Und: Es gibt uns auch die Möglichkeit, unsere Messdaten mit den offiziellen Herstellerangaben, die ja zugesicherte Eigenschaften darstellen, direkt zu vergleichen. Weiter noch: Die GTZ380 Modellreihe ist bald ganze 3 Jahre alt, so dass hier inzwischen Geräte existieren, die bereits das für den Drift „kritische“ Alter erreicht haben. Aufgrund des hohen Preises sind die Geräte aber entsprechend selten. Erfreulichweise hat Sony uns diesbezüglich unterstützt und wir haben ein Kundengerät zum Vermessen zur Verfügung gestellt bekommen. Es ist eines der ersten ausgelieferten und entsprechend alt, wie das Produktionsdatum verrät:
Es handelt sich dabei nicht um ein Presse-Sample, sondern tatsächlich um ein ausgeliefertes Seriengerät eines Kunden mit recht geringer Nutzungsdauer, was unseren Messreihen weiter entgegen kommt (vgl. oben).
Wenn Sony die SXRD Panels schon beim GTZ380 überarbeitet hat, dann dürfte dem GTZ380 sein Alter und die geringe Nutzung auch nicht viel anhaben und er müsste absolut stabil bleiben. Das haben wir überbrpüft:
3.1 Lichtleistung
Sony beziffert die Lichtleistung des GTZ380 mit 10,000 Lumen. Unserer Messung ergeben 9800 Lumen (mittlerer Zoom). Das ist fast eine Punktlandung und man kann sagen: Ein Lichtverlust hat bisher nicht stattgefunden (was in Anbetracht der geringen Laufleistung aber auch selbstverständlich sein sollte).
3.2 Gamma
Weiter mit dem Gamma, das bei LCOS Projektoren immer einer gewissen Schwankung zu unterliegen scheint: Der gemessene Wert von 2,15 liegt etwas unter dem Soll, aber ist über den Zeitraum nicht überraschend und kann schnell mit der Kalibriersoftware behoben werden. Auch führt er zu keiner maßgeblichen Bildverfälschung (erstrecht nicht bei Verwendung des adaptiven Dimmings, dass das Gamma in Echtzeit an das darzustellende Bild anpasst).
3.3 Farbtemperatur
Auch die Farbtemperatur liegt in den üblichen Werkstoleranzen, hier können wir mangels Ausgangsmessung des Neugerätes nicht beurteilen, ob ein Drift stattgefunden hat.
Wenn aber, ist er moderat gering im selben Umfang wie die Konkurrenz und frei von dem massiven Blaustich, den viele betroffene HW-Geräte aufwiesen. Mit wenigen Handgriffen erhält man ein DeltaE <5 (siehe Diagramm).
3.4 Farbraum
Der Farbraum ist tatsächlich nicht gedriftet und trifft seine DCI-P3 (bzw. BT709) Zielkoordinaten punktgenau.
Ein Schrumpfen in Rot und Grün wie bei vielen betroffenen VW-Modellen ist in keiner Weise zu verzeichnen. Selbst eine Nachkalibrierung ist nicht notwendig.
3.5 Kontrast
Das Interessanteste zum Schluss: Auch den On/Off Kontrast haben wir vermessen und das Gerät erreichte bei mittlerem Zoom 15,000:1. Auch hier ist kein Einbruch zu verzeichnen, der GTZ380 ist nach 2,5 Jahren stabil.
Der von uns gemessene GTZ380 zeigt tatsächlich keinen Drift und macht Hoffnung, dass Feuchtigkeit der Lightengine nichts mehr anhaben kann. Aber natürlich stellt ein einziges vermessenes Gerät noch keine hinreichende Datenlage dar. Kritiker verweisen auch darauf, dass der GTZ380 eine besonders versiegelte Lightengine haben soll, allerdings: Auch sie ist nicht immun gegen Luftfeuchtigkeit, denn trotz ebenfalls komplett versiegelten Lichtwegs leidet der kleine Bruder VW5000 (mit den alten Panels) auch nicht selten unter Kontrastverlust, wie Untersuchungen aus den USA ergeben haben. Dies ist als Ursache daher unwahrscheinlich.
Nachdenklich macht auch weiterhin die Passage der Anleitung, die bei langem Nichtgebrauch auf möglichen Leistungsabfall hinweist, auch wir haben uns immer gefragt, was damit gemeint ist. Einerseits ist diese Passage zu allgemein gehalten, als dass man sie direkt auf den Kontrastverlust beziehen muss, andererseits schließt sie eben diesen auch nicht aus. Auf Nachfragen kam bisher immer die Antwort, dass es sich um eine allgemeine Klausel handelt, die man oft bei Produkten findet und nicht auf den Kontrastverlust bezogen sein soll. Andererseits war die Klausel in vergangenen Generationen nicht enthalten. Unserer Meinung nach ist sie in jeder Hinsicht zu schwammig formuliert, weshalb wir hier weiter nachfragen werden.
Immerhin, zusammen mit den von uns vermessenen XW-Modellen ist uns bisher noch kein einziges Gerät mit Kontrastverlust untergekommen, was (trotz aller Vorbehalte) Hoffnung macht.
4. Wie geht es weiter?
Unserer Meinung nach zeigen sich die aktuelle Entwicklung und die Kommunikation mit Sony positiv und wir haben den Eindruck, dass wir es diesmal nicht mit Beschwichtigungen zu tun haben, wie es in den vergangenen Jahren schon der Fall war. Cine4Home sieht seine Aufgabe darin, weiter objektiv die Sachlage zu untersuchen und neue Erkenntnisse bzw. Ergebnisse zu veröffentlichen. Und letztere hängen ausschließlich von der Performance der Geräte ab, zum Guten wie zum Schlechten, denn im Gegensatz zu vielen anderen „Parteien“ ist Cine4Home in Sachen Test-Ergebnissen seit seiner Gründung unabhängig von Budgets, Verkäufen, Markentreue/-hass, Trends und Stimmungen.
Eines steht fest: Für alle Heimkinofans weltweit ist es wünschenswert, dass Sony Projektoren den höchsten Qualitätsstandards über einen langen Zeitraum entspricht und dem Markt für viele Jahre erhalten bleiben. Denn nur durch innovativen Wettbewerb der HighEnd-Hersteller wird die Technologie „Heimkinoprojektion“ weiter qualitativ steigen, über kurz oder lang auch in den unteren Preisklassen. Wir für unseren Teil werden weiterhin jeden XW und GTZ380 auf Kontrast und Drift vermessen. Bezüglich der VW-Serie verhandeln wir gerade mit den AVItecten, ob eine Überprüfung und Nachkalibrierservice möglich gemacht werden kann.
Wir bleiben also weiter am Ball für unsere Leser, aber es braucht Zeit! Wer sich schon jetzt für einen XW5000 oder XW7000 interessiert, aber misstrauisch ist, dem können wir nur empfehlen: Sprechen Sie den Händler Ihres Vertrauens direkt an und sichern Sie sich ab, dass der Kontrastverlust durch die Gewährleistungspflicht abgedeckt ist. Denn klar ist: Wenn das Problem „Kontrastverlust“ gelöst ist, dann haben Hersteller und Händler auch in Zukunft keine häufigen Problemfälle zu verzeichnen und kein großes Garantierisiko bzw. eine kulante Abwicklung dürfte kein Problem darstellen. Händler, die Vertrauen in das Produkt haben und sich für ihre Kunden einsetzen, werden hier ohne Einschränkung zustimmen. Unter diesen Voraussetzungen ist die derzeit verlängerte Garantiezeit von 5 Jahren sogar als willkommener Rabatt nützlich.
Last but not least: Sie haben einen ältern XW5000/XW7000 oder GTZ380 im Gebrauch? Dann unterstützen Sie unsere Arbeit, indem Sie uns kontaktieren und den XW / GTZ380 von uns auf Drift hin untersuchen lassen. Je mehr Daten wir sammeln, desto belastbarer werden sie (siehe VW-Messreihen). Kontakt: info@cine4home.de
Ekki Schmitt, Cine4Home
19.10.2023
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