Als einziger Hersteller hat Sony bei allen neu eingeführten Heimkino-Modellen den Zeitplan eingehalten: Die Varianten VW270 und VW570 erschienen bereits im Oktober und auch das neue Referenz-Modell VPL-VW870 erreichte den Fachhandel wie angekündigt im November: Pünktlich zur Markteinführung konnten wir daher die ersten Modelle in Deutschland vermessen.

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Der erste VW870 in Deutschland ist uns bei Heimkino-Aktuell begegnet. Wir danken der Firma Heimkino Aktuell für die schnelle und unkomplizierte Unterstützung, der VW870 ist dort ab sofort in der Ausstellung zu bewundern.

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Der Sony VW870 stellt das neue HighEnd Modell zwischen den Baureihen VW760 und VW5000 dar, die beide ebenfalls weiter produziert werden. Durch ein hochwertiges Objektiv und neuer Elektronik soll die Bildschärfe verbessert worden sein, ein duales Iris / Dimmingsystem soll den Kontrastumfang steigern und die Laserlichtquelle soll mehr Lichtleistung zur Verfügung stellen.

Wir haben all diese Ankündigungen mit der Praxis verglichen…

Theorie vs Realität

Für dieses Testspecial haben wir insgesamt vier brandneue Sony VPL-VW870 vermessen und direkt mit einem ebenfalls neuen Sony VPL-VW760 verglichen. Auch den Bezug zum „ganz großen“ VPL-VW5000 stellen wir her, um zu zeigen, wo dieser noch eventuelle Vorteile bietet.

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Im folgenden beschäftigen wir uns ausschließlich mit den Bildaspekten, die durch den VW870 gezielt verbessert worden sein sollen. Alle übrigen Charakteristika bleiben identisch zum VW760 und sind im dortigen Test nachzulesen.

200Lumen mehr = 10% heller

Bei der Lichtausbeute verspricht Sony 200 Lumen mehr, als beim „kleinen Bruder“ VW760, ohne zu präzisieren, was an der Laserlichtquelle verändert wurde. Diese Lichtsteigerung ist  sicherlich kein Quantensprung, doch gerade bei der HDR Darstellung ist jeder Lichtgewinn als zusätzliche Reserve für Highlights willkommen.  Tatsächlich messen wir im Serienschnitt mit genau 2200 Lumen rund 150 Lumen mehr, als beim VW760 (2050 Lumen im Schnitt), den Ingenieruen ist es also gelungen, noch ein paar Reserven aus der Laser-Engine herauszukitzeln. Kalibriert verbleiben rund 1900 Lumen, 120 Lumen  mehr als beim VW760 (1780 Lumen).

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Im Direktvergleich wird der Helligkeitsunterschied sichtbar, ist aber als subtil zu bezeichnen. Dennoch: Die von Sony angegebenen Daten werden vorbildlich genau eingehalten, der Kalibrierverlust ist sehr moderat. Alleine der VW5000 spielt mit 5000 Lumen brutto und 4200 Lumen kalibriert in einer anderen Liga.

Mehr Kontrast, besserer Schwarzwert?

Sony 4K Projektoren bieten von Haus aus einen hohen nativen Kontrast, der bei der VW3x0 und VW5x0 Serie durch eine adaptive Blende gesteigert wird: Durch Schließen in dunklen Szenen verbessert sie den Schwarzwert und erhöht durch die Positionierung im Brennpunkt des Objektives gleichzeitig den nativen Kontrast. In hellen Szenen öffnet sie sich und legt so die volle Lichtleistung frei.

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Beim Lasermodell VW760 wurde dieses Konzept verändert: Die Blende wurde durch ein Echtzeit-Dimming der Laserdioden ersetzt, das sich ebenfalls auf den Bildinhalt anpasst. Der Vorteil liegt in einer schnelleren Ansteuerung (gleichsam in Echtzeit), aber eine kontraststeigernde Wirkung durch Streulichtfilterung, wie die der Iris-Lösung, bietet das Dimming nicht.

Findige Großbildfans haben beobachtet, dass der VW760 durchaus über eine solche Iris-Blende verfügt, diese aber nicht angesteuert wird. Bis heute gab es kein Update, das die Blende in Aktion versetzt. Dies ändert sich mit dem VW870: Bei ihm arbeitet die Iris im Tandem mit dem Dimming, was Sony „Advanced Iris & Laser Setting“ getauft hat. Das Dimming ist übrigens hierbei fest an die Iris gekoppelt, es gibt keine(!) separate Steuerung zwischen Blende und Dimming.

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Der Vorteil dieses dualen Systems gegenüber dem reinen Dimming wird ausschließlich in sehr dunklen Filmszenen sichtbar. Die zusätzliche Streulichtfilterung der Iris äußert sich im Direktvergleich durch einen leicht besseren Schwarzwert, einer besseren Durchzeichnung und einer daraus resultierenden höheren Plastizität.

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Oben: VPL-VW760
Unten: VPL-VW870

Schatten_VW870

Objektiverweise muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass die Unterschiede subtiler Natur sind und nur bei sehr dunklen Szenen ins Gewicht fallen. In Zahlen ausgedrückt bewegt sich der native Kontrast des Sony VPL-VW870 zwischen 14,000:1 und 23,000:1 (je nach Zoom und gewählter Farbtemperatur), auf gleichem Niveau wie bei den anderen VW-Modellen (was in Anbetracht der gleichen SXRD-Panelgeneration wenig überraschend ist).  Das duale System arbeitet min einem Faktor bis 2,5 und steigert damit den maximalen Dynamikumfang auf 30,000:1 bis 50,000:1, vor der Farbkalibrierung.

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Der Farbraum des VW870
ist unverändert zum VW760

Apropos Farben, in Sachen Farbraum / Farbdarstellung gibt es gegenüber dem VW870 keine Veränderungen zu verzeichnen, auch der VW870 verfehlt die DCI-Zielwerte in Rot (Richtung Orange) und Grün. Beide Grundfarben sind aber kräftig genug, um den P3 Kinofarbraum in den allermeisten Farbtönen akkurat zu reproduzieren. Vor allem die Kombination aus hoher Helligkeit und großem Farbraum gelingt derzeit bei keinem anderen Heimkinoprojektor am Markt so effektiv, wie beim VW760 / 870.

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Farbraum VW5000 mit Filter

Mit Ausnahme des VW5000, der durch einen eigenen DCI Farbfilter den Farbraum komplett abdeckt und in dieser Konstellation immer noch rund 3000Lumen Lichtleistung bietet. Er bleibt in Sachen Farbhelligkeit und Genauigkeit die unangefochtene Referenz.

Mehr Bildschärfe – Optisch vs. Elektronisch

Der VW870 soll gegenüber dem VW760 eine sichtbare Verbesserung der Bildschärfe erzielen. Ermöglicht werden soll dies durch zwei Maßnahmen auf optischer und elektronischer Ebene. Hauptbestandteil ist das Vollglas-Objektiv, das der VW870 von Sonys erstem 4K Heimkinobeamer, VW1000, geerbt hat.

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Tatsächlich sorgt das Objektiv des VW760 immer wieder Diskussionen unter Heimkinofans: Da es teilweise aus Kunststoff besteht und von den „kleineren“ VW Modellen übernommen wurde, sehen es manche als nicht hochwertig genug an, um der €15,000.- Preisklasse des VW760 gerecht zu werden. In der Tat zeigte es bei Vorgängergenerationen (VW500 / 520) eine recht große Serienstreuung mit sichtbaren Ausreißern in den Randbereichen. Allerdings hat Sony seit der VWx60er Generation deutlich nachgebessert und eine gute Schärfeabbildung für die Gesamtserie erreicht. Spätestens beim VW760 ist das Objektiv zweifelsohne in der Lage, 4K Material pixelgenau ohne jegliche Auflösungsverluste abzubilden.

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(Besser als sein Ruf: Das Objektiv des VW760)

Das Vollglas-Objektiv des VW870 hat Sony „ARC-F“ getauft, was für „All Range Crisp Focus“ steht. Besonders hervorgehoben soll eine bessere Randschärfe werden. Seit dem VW1000 hat das Objektiv einen guten Ruf und entsprechende Ergebnisse sind zu erwarten.

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Unterstützt werden soll die Randschärfe durch die zweite Maßnahme auf digitaler Signalebene: Der „Digital Focus Enhancer“ soll durch ein Anschärfen des Pixelkontrastes für eine bessere Detailzeichnung in den Eckbereichen des Projektionsbildes sorgen. Das System basiert auf der klassischen Reality Creation, die alle VW Modelle bieten und je nach Einstellung bereits bis an das technisch machbare Limit gehen. Skepsis ist hier also angebracht.

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4K Inhalt, der die UHD Auflösung maximal ausreizt

Im ersten Schritt wollen wir die rein optische Schärfe zwischen den drei Topmodellen vergleichen. Dazu deaktivieren wir die schärfeverbessernde Reality Creation und überlassen den Beamern eine möglichst unverfremdete Projektion des pixelgenauen UHD Originals (oben).

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Für den Detailvergleich wählen wir zwei Ausschnitte: Einen in der Bildmitte (hier ist die Schärfeabbildung besonders wichtig) und einen vom Bildrand, denn hier soll das ARC-F Objektiv seine besonderen Vorteile ausspielen.

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Sony VPL-VW760

Unser erster Vergleich zeigt, dass das VW760 Objektiv tatsächlich besser ist, als sein Ruf: Der VW870 kann sich in dem hochauflösenden Testbild selbst aus nächster Nähe nicht abheben.

Mitte-VW870
Sony VPL-VW870

Aus normalen Betrachtungsabständen sind beide Darstellungen nahezu identisch in Schärfe und Detailauflösung. Das Ergebnis des VW870 ist hier ebenfalls identisch zum VW5000, was in Anbetracht seines verwandten Objektives nicht überrascht.

VW760Sony VPL VW760

Weiter geht es mit dem Randbereich (zweiter Ausschnitt): Auch hier zeigen beide Objektivvarianten sehr gute Ergebnisse ohne Auflösungsverlust. Allerdings gelingt dem Vollglas-Objektiv des VW870 eine noch bessere Schärfe, Kleinstdetails wirken noch ausgeprägter, als beim VW760.

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Sony VPL-VW870

Das Ergebnis ist auch im Randbereich identisch zum VW5000, der im Direktvergleich ab Werk sogar eine leicht schlechtere Konvergenz zeigte, als der VW760/870.

Wie beim Schwarzwert gilt auch bei der optischen Schärfe: Die Unterschiede sind eher subtil. Bleibt der elektronische Digital Focus Optimizer: Ihn kann man im erweiterten Menü Der „Realiy Creation“ aktivieren, eine Dosierung in Stufen ist nicht möglich.

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Die Arbeitsweise des Optimizers lässt sich als eine Art „Super Resolution“ identifizieren: Der Pixelkontrast wird angehoben und soll so eine höhere subjektive Bildschärfe erzeugt. Leider lassen sich die typischen Nebenwirkungen nicht vermeiden.

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Oben: Ohne Digital Focus Optimizer
Unten: Mit Digital Focus Optimizer
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Schon bei unserem Testbild zeigen sich die Nachteile im nebligen Hintergrund: Der Algorithmus erkennt nicht, dass es sich um niederfrequente „detailarme“ Bildpartien handelt, sondern versucht, diese nachzuschärfen und provoziert unerwünschte, rosafarbene Flecken.

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Bei Filmmaterial (Bild oben) kommt erschwerend das „Filmkorn“-Rauschen hinzu. Dem Digital Focus Optimizer gelingt es nicht, dieses Rauschen zu identifizieren, sondern schärft es ebenfalls nach, erzeugt damit „Dithering“ ähnliche Artefakte.

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Oben: Ohne Digital Focus Optimzer
Unten: Mit Digital Focus Optimizer

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Nachschärfeartefakte entstehen auch bei Hintergründen, die nicht in der Fokusebene stehen.

VW870_mDer Hintergrund ist bewusst unscharf,
das soll auch so bleiben.

Neben Rauschen und Komprimierartefakte verliert das Bild auch an Tiefe, weil Hintergrund und Vordergrund nicht mehr stark durch den Fokus getrennt werden.

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Oben: Ohne Digital Focus Optimizer
Unten: Mit Digital Focus Optimizer
Mit_DFO
Die digitale Nachschärfung ist gleich in mehrer Hinsicht negativ:
– Artefakte werden provoziert
– Rauschen wird verstärkt
– Die gewollte Unschärfe des Hintergrundes geht verloren

Alles in allem erzeugt der Digital Focus Optimizer mehr unerwünschte Nebeneffekte, als Vorteile in der Schärfe. Da man ihn nicht dosieren kann, bleibt nur das vollständige Deaktivieren.

Wir vermuten, dass Sony hiermit dem VW870 einen „Wow“-Effekt verleihen wollte, der im Vergleich zum VW760 direkt ins Auge fällt. Aber das sollte gar nicht der Anspruch des 870ers sein: Weniger ist oft mehr, gerade die natürliche Detailschärfe des Vollglasobjektives ist die Stärke, die man nicht überreizen muss.

Fazit:

Unser Vergleichstest zeigt: Der Sony VW870 hat tatsächlich von allem Versprochenen ein wenig mehr. Er bietet etwas mehr Helligkeit, einen leicht besseren Schwarzwert und Durchzeichnung und etwas mehr optische Randschärfe. Die Betonung liegt aber auf „etwas“, denn im Zusammenspiel aller Bildcharakteristika gelingt es ihm nicht, sich gravierend vom kleineren Bruder VW760 abzusetzen. Doch das muss er auch gar nicht und das war auch gar nicht zu erwarten, denn schon der VW760 setzt seit seiner Einführung in all diesen Disziplinen Maßstäbe, erreicht grob zusammengefasst bereits 95% der Leistungsfähigkeit.

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Der Sony VW870 ist vielmehr als Ultra-HighEnd Variante zu verstehen, der in den Bereichen Schärfe, Helligkeit und Schattenzeichnung noch einen Schritt näher an die Perfektion heran tritt. Und wie bei allem UltraHighEnd, egal ob Video oder Audio, gilt: Die letzten paar Prozent Steigerung sind stets die technisch aufwändigsten und damit teuersten. Somit erübrigt sich auch die Frage, ob die Mehrleistung des VW870 den Aufpreis von rund €10,000.- tatsächlich wert ist.  Der VW870 ist für HighEnd User gedacht, die sich die letzten Prozent Perfektion „einfach leisten“ können…. ungeschlagen bleibt nach wie vor nur der VW5000 aufgrund seiner höheren Lichtleistung und des vollen DCI Farbraumes.

Bei folgenden Cine4Home Partnern kann der Sony VPL-VW870 ab sofort live in der Vorführung gesehen werden:

Ban244625 Herne

Ban3
70499 Stuttgart

Ban3
90491 Nürnberg

Schweiz
Ban53506 Grosshöchstetten, Schweiz

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