Es gibt (endlich) ein neues Streitthema unter Heimkino-Enthusiasten, das weltweit kontrovers diskutiert wird. Die Rede ist von dem „High Dynamic Range“ (HDR) Standard, meist in Verbindung mit dem originalen Kinofarbraum (DCI). Der Grund für die Unstimmigkeiten liegt auf der Hand: HDR wurde in erster Linie für (selbstleuchtende) TVs entwickelt und setzt so hohe Anforderungen an Schwarzwert und Helligkeit, dass diese von herkömmlichen Digitalbeamern nicht eingehalten werden können. Real sind sie nicht zum „perfekten“ Schwarz in der Lage und im maximalen Weiß erreichen sie nur ein Zehntel der Leuchtdichte, die für HDR vorgesehen ist (100cd/m² gegenüber 1000cd/m²).

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Die HDR Projektion per Beamer macht also stets den einen oder anderen Kompromiss erforderlich, was sich in den nächsten Jahren auch nicht ändern wird. Dies heißt allerdings keinesfalls, dass HDR bei Beamern keinen Mehrwert bringt, denn von der gesteigerten Bildplastizität, Helligkeit und Realismus profitiert auch die Projektion, wenn man die Kompromisse richtig gewichtet. Und genau in dieser Gewichtung liegt nicht selten der Dissenz unter Großbild-Enthusiasten.

Dazu ein Rückblick auf die Entwicklung der letzten Jahre: Die erste Generation von HDR-kompatiblen Projektoren (JVC und Sony) waren ab Werk statisch auf die HDR Norm abgestimmt, was in einer viel zu dunklen Bildwiedergabe resultierte. Durch geschickte Anpassungen des Gammas und die Wahl eines bewusst niedrigeren Clipping-Punkes (Überbelichtung) für Highlights war es aber dennoch möglich, eine sehr ansprechende Bilddarstellung zu erzeugen, die SDR in vielen Aspekten bereits überlegen war.

Aber die maximale Qualitätsausreizung von HDR war noch nicht erreicht, denn durch eine dynamische Pegelanpassung wäre eine bessere Ausnutzung der limitierten Lichtreserven bei Beamern möglich. Der erste Schritt in diese Richtung erfolgte durch die Aktivierung des „Contrast Enhancers“ bei Sony 4K Projektoren: Diese „erben“ stets die Chipsätze ihrer 4K TV-Brüder aus selbigem Hause, bei denen eine dynamische HDR Anpassung schon längst als „X-tended Dynamic Range“ Funktion integriert wurde, vor allem OLED TVs profitieren bis heute davon.

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Allerdings ist die Funktion bei den Beamern noch nicht in voller Ausbaustufe enthalten, so dass man hier dem Contrast Enhancer im Service Menü noch ein wenig auf die Sprünge helfen muss. Ein erster Schritt war aber getan und das Ergebnis auf der Leinwand beeindruckt durch eine viel bessere Lichtausnutzug und mehr Inbildkontrast. Erstmals wirkte HDR auf Beamern wirklich „strahlend“.

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Besonders engagierte (und intelligente) Großbildfans entwickelten parallel dazu ihr eigenes dynamisches HDR: Das Projekt „madVR“ für Windows-basierende Heimkino PCs passt das HDR Gamma variabel auf den Bildinhalt an und bietet dabei schier endlose Einflussmöglichkeiten des Anwenders auf die Bildausgabe. Der Clou dabei: madVR ist auch in der Lage, das HDR Gamma in Echtzeit auf ein beliebiges SDR Gamma (z.b. 2.2) umzuwandeln und macht damit auch die Signalelektronik von nicht HDR-kompatiblen Beamer nachträglich HDR-tauglich. Auch die von HDR vorausgesetzte 10bit Farbtiefe, die in Kombination mit der 4K Auflösung die Datenrate von herkömmlichem HDMI 1.3 überfordert, kann auf Wunsch per madVR durch „Dithering“ nahezu velustfrei reduziert werden.

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Mit anderen Worten: Nahezu jeder Beamer kann durch madVR vom HDR Standard profitieren. Die Nachteile sollen aber nicht verschwiegen werden: Wie alle PC basierenden Systeme erfordert madVR eine gewissenhafte Installation, das Optimieren zahlloser Parameter, einiges Expertenwissen und „last but not least“ eine leistungsfähige und moderne Hardware (insbesondere Grafikkarte). Das ist alles nichts für jedermann und: Für optimale Ergebnisse mussten bisher stets die Filme vorher durch ein spezielles Programm „analysiert“ und von Festplatte abgespielt werden.

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Auch unser Interesse wurde durch madVR geweckt und hier und da konnten wir einen Blick auf die Ergebnisse bei engagierten Heimkino-Usern werfen, die madVR meist mit hochwertigen JVC Projektoren der X-Serie verknüpfen. Das Ergebnis war stets beeindruckend und statischem HDR sichtbar überlegen, doch für unser Empfinden und im direkten Vergleich zu TVs ging etwas „HDR-Look“ verloren (was aber auch an der jeweiligen Konfiguration gelegen haben kann). Wir entschlossen uns daher, mit Artikeln oder gar Urteilen weiter abzuwarten, noch zu „beta“ erschien uns noch der Gebrauch und Ergebnis von madVR.

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Schließlich zog auch JVC in Sachen dynamisches HDR nach und veröffentlichte im Oktober schließlich sein „Frame Adapt HDR“ für die N-Serie, das durch eine vollautomatische und bildgenaue HDR Anpassung stets die optimale Bildqualität verspricht.

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Sofort brach (wie nicht selten) der Glaubenskrieg unter den Enthusiasten aus: Die eine Fraktion rief den direkten „Siegeszug“ JVCs aus und deklarierte (wie so oft ohne Sachverstand) die sofortige Obsoleszenz von madVR. Die Heimkino-PC Fraktion fing an zu vergleichen und sah weiterhin den klaren Vorteil bei madVR, hat dies aber selten schlüssig begründet. Und dann war da ja auch noch Sony mit seinem Contrast Enhancer, dessen Arbeitsweise auch niemand genau kennt und daher objektiv einzuordnen weiß.

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Das „Feld“ ist also offen wie nie und der Zeitpunkt gekommen, alle drei Systeme objektiv, fair und frei von Vorurteilen zu vergleichen. Zusammen mit Gunnar Witting von der Heimkinoboutique wagten wir einen ersten Schritt und verglichen das JVC (N5) und Sony (VW270) System mit derselben HDR Bildquelle.

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Das Ergebnis war dabei ähnlicher als gedacht: In manchen Szenen hatte der N5 die Nase vorne, dann wieder der VW270. Beide machten ihre Arbeit gut. Ein erster Zwischeneindruck, der aber noch nicht als finaler Vergleich dienen sollte, zumal madVR noch nicht sein „Bestes“ dazu beitragen durfte.

Wie der Zufall es so wollte, stand bei engagierten Heimkinofans ein kleiner madVR Workshop an, bei dem keine geringeren als Anna Landes und Florian Auté, beide maßgebliche Mitschaffende am madVR Projekt, höchstpersönlich den neuesten Stand der Software und die richtige Konfiguration der Parameter erläutern wollten. Dies war also die optimale Gelegenheit, madVR wirklich von seiner besten Seite zu sehen und eventuelle Rückfragen schnell klären zu können.

Wir nahmen die Einladung von Michael (Gruß an dieser Stelle) also gerne an und hatten für alle Teilnehmer auch eine kleine Überraschung im Gepäck: Einen neuwertigen JVC N5 mit neuestem HDR Update! Damit wurde es uns möglich, madVR erstmals direkt mit dem JVC Frame Adapt HDR und mit dem Sony Contrast Enhancer zu vergleichen, denn in unsere gemeinsamen Fundus waren somit ein JVC X5000, ein X5900, ein X7900, ein Sony VW270 mit Advanced HDR Tuning und ein N5.

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Eine Gruppe von „Experten“ bei der Arbeit

Damit wirklich alle Beamer an ihrer Leistungsgrenze arbeiten, sollten sie vorher allesamt überprüft und nachkalibriert werden. Ein strammes Programm für einen Nachmittag und so war eiserne Disziplin angesagt. Aus diesem Grunde stärkten wir uns vorab mit einer (Werbe-) Tasse Kaffee und gingen an die Arbeit.

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Nebenbei sollten auch zwei HTPCs mit madVR versehen werden, Florian ergriff dazu das Wort und erklärte die aktuelle Funktionsweise von madVR, sowie alle relevanten Parameter:

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Flo hatte Bedenken, dass sein Vortrag zu verwirrend war, aber das Gegenteil ist der Fall gewesen: Sehr anschaulich konnte man verstehen, was madVR im Detail macht und wie es stets die optimale Bildperformance auf der Leinwand erzeugen soll.

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Bei madVR kann man praktisch „alles“ konfigurieren

Und wir hatten das große Glück, dass erst ein paar Stunden zuvor die neueste Version „107b“ mit „HSTM“ (Histogram shaped tone mapping) Modus frei gegeben wurde. Damit wird nicht nur dafür gesorgt, dass keine Bildelemente zu hell dargestellt werden, sondern auch eine Gewichtung des Flächenanteils aller Helligkeitsstufen am Gesamtbild vorgenommen. Helligkeitsbereiche, die wenig im Bild vertreten sind, werden stärker komprimiert und dafür Helligkeitsbereiche, die viel im Bild vertreten sind, weniger stark komprimiert. Das Gamma wird entsprechend angepasst, dass die optimale HDR Plastizität gewährleistet wird. Das war besonders interessant, denn wie oben erläutert lag genau hier der bisherige Schwachpunkt von madVR.

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Vorabanalyse der JVCs zeigten den typischen Drift,

der aber zuverlässig korrigiert werden konnte
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Nach dem Theorie-Teil ging es an die Praxis und der JVC X5000 wurde kalibriert. Erwartungsgemäß musste er per Autocal vom typischen Gamma-Drift befreit werden und wurde anschließend in Farbraum und Farbtemperatur mit Calman kalibriert. Danach war ein erster Probelauf mit madVR möglich:

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Sehr anschaulich zeigte uns Flo die verschiedenen Ausbaustufen von HDR, indem er fünf verschiedene Presets vorbereitete, die per Taste in Echtzeit umgeschaltet werden konnten: Zuerst das statische HDR (ok, aber dunkel), dann dynamische Anpassung der Gamma-Kurve nur bis zur tatsächlichen Maximalhelligkeit im Bild, dann verbesserte Darstellung der Details in Highlights, dann das bisher „klassische“ madVR (optimale Grundhelligkeit je Bildaber wenig HDR-Look) und schließlich das neueste HSTM Update mit Gewichtung nach Helligkeitsverteilung im Bild.

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Und zum ersten Mal stellte sich der perfekte HDR Look ein: Der HSTM Algorithmus erhöht den Inbildkontrast merklich, aber nie mehr als auf der UHD-Scheibe codiert ist. Im Bild oben senkt er beispielsweise Schattenbereiche sinnvoll ab, ohne dass Details verschluckt werden und erhält auch in Highlights die volle Durchzeichnung. Dies war für mich persönlich auch ein Schlüsselerlebnis, denn erstmals wirkte mit madVR das HDR Bild so auf der Leinwand, wie man es von Fernsehern gewohnt war.

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In Echtzeit zeigt madVR alle Signaldetails
im Überblick
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Das schöne bei madVR: Hat man die Hürden der Installation ersteinmal überwunden, arbeitet es in dieser neuen Ausbaustufe voll automatisch in Echtzeit und eine Vorabanalyse ist nicht mehr zwingend notwendig. Hat man die reale Helligkeit des Beamers einmal gemessen und eingegeben, wird automatisch das Gamma so angepasst, dass alle Bildelemente nie heller als auf der UHD-Scheibe codiert erscheinen und die Bildkomposition so originalgetreu erhalten wird, wie es der Beamer zulässt. Und dabei ist madVR auch nicht auf die oft falschen Metadaten der Bluray angewiesen, sondern ermittelt alle Pegelhelligkeiten in Echtzeit selbst.

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Für eine authentische Helligkeitsreproduktion sollte man die tatsächliche Beamer-Helligkeit messtechnisch ermitteln und madVR als Parameter mitteilen.

Masteringfehler können das System daher nicht aus der Ruhe bringen und der Anwender muss sich bei keinem(!) Film Gedanken über die Konfiguration mehr machen. So sollte „automatisches“ HDR funktionieren!

Es folgte die Kalibrierung des JVC X5900, der auch nach der üblichen Prozedur verlangte (Autocal + Farbkalibrierung) und das Ergebnis mit madVR war identisch zum X5000. Alles lief nach Plan.

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Für das leibliche Wohl war in
jeder Hinsicht gesorgt

Nach dem Abendessen (leckere Bolognese!) kam ein neues Highlight auf den Tisch: Der Sony VW270 mit optionalem Tuning-Filter von Holger Baier. Und ich glaube, an dieser Stelle ist es erlaubt zu erwähnen, dass nicht viele Sony-Fans anwesend waren und alle darauf lauerten, dass der Sony typische Drift-Eigenschaften zeigte. Doch er tat diesen Gefallen nicht, sondern zeigte in der Analyse ein Gamma von um die 2.1, was innerhalb der Werkstoleranz bei Neugeräten liegt. Auch im Farbraum war er nicht signifikant gedriftet, konnte aber dennoch per Calman auf mehr Präzision getrimmt werden. Besitzer Holger war sichtlich erleichtert.

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In Sachen Filter wandten sich alle zu meiner Person und ich hatte die Ehre, noch einmal das System des Filter-Tunings zu erläutern, das ja immer wieder kontrovers diskutiert wird: Das maximale Kontrastverhältnis erreicht der Sony VW270 nicht bei seinem D65 Preset, sondern bei der Farbtemperatur „Benutzer5“. Hier wird die Lichtleistung und Kontrast um rund 25% gesteigert, so dass der VW270 in Sachen nativen Kontrast auf die JVC N5 Serie aufschließt.

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Benutzer5:
Mehr Kontrast, aber zu grün

Allerdings wird dieser Kontrastgewinn mit einer zu grünlichen Farbwiedergabe erkauft. Hier kommt der Filter ins Spiel: Er hat die Aufgabe, die Farbtemperatur des Benutzer5 Settings auf D65 zu korrigieren und so den nativen Kontrast vollumfänglich zu erhalten, indem er den Schwarzwert verbessert.

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Das mögliche Ergebnis steht und fällt also mit der genauen optischen Farbanpassung des Filters: Je weniger digitale Nachkorrektur der Farbtemperatur im Bild erforderlich ist, desto mehr nativer Kontrast kann erhalten werden. Die Auswahl in diesem speziellen Fall war vorbildlich, denn nach Aufsetzen des Filters waren nur wenige „Klicks“ im RGB Menü erforderlich, um das kontraststärkere Benutzer5 Setting sehr gut auf D65 zu eichen.

Im madVR Praxistest waren schließlich alle anwesenden auch von der Bildqualität des Sony VW270 angetan. Dem HTPC gelang es, alle Leistungsreserven den SXRD Panels zu „entlocken“ und vor allem in Sachen Inbildkontrast (Michaels Raum ist perfekt optimiert) weiß die Sony VW Serie zu beeindrucken. Auch dieses madVR Upgrade war als voller Erfolg zu werten.

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Für eine optimale HDR Ausnutzung sorgte
auch Michaels optimierter Kinoraum

Doch damit nicht genug, denn nun hatten wir endlich die Möglichkeit, madVR in seiner neuesten Stufe direkt mit dem Beamer-internen Contrast Enhancer zu vergleichen, was vorab schon die Gemüter stets bewegte. Flo merkte an, dass der Contrast Enhancer die Gefahr birgt, den originalen Filmlook zu verfälschen, weil dieser mehr Kontrast als die Quelle vorgibt erzeugen kann. Der Contrast Enhancer würde jedes Bild stets auf den maximalen Dynamikumfang spreizen, ohne den Orginalkontrast zu berücksichtigen. Eine Meinung, die ich nicht teilte, da die VW Serie auch mit Contrast Enhancer stets nur bis zur eingestellten statischen Clipping Grenze limitiert arbeitet, die man mittels des „HDR Contrast“ Reglersam besten bei 700 bis 800 nits festlegt.

B9Bladerunner 2049:
Farbarm und dunkel

Es folgten diverse Vergleiche mit „schwierigem“ Material, zB. “Bladerunner 2049“, ein HDR Film, der sich fast ausschließlich in SDR Helligkeiten (<100 nits) bewegt und viele dunkle Szenen mit subtiler Durchzeichnung beinhaltet. Das „Universal Setting“ des Contrast Enhancers verbesserte zwar signifikant die HDR Wiedergabe, im Vergleich zu madVR erschien sie aber sichtbar dunkler. Das war wenig überraschend, denn die voreingestellte Clipping Grenze war für diesen Film zu hoch angesetzt. Eine Korrektur der Clipping Grenze und das Umschalten des Contrast Enhancers auf „High“ brachte weitere Verbesserungen, aber die madVR Echtzeitanalyse blieb weiterhin überlegen, erstrecht, wenn man berücksichtigt, dass diese keinerlei(!) nachträgliche Anpassung erfordert.

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Es folgte ein anderer Extrem-Film: „The Meg“, der sich durch extrem hohe Highlight Pegel jenseits der 2000 nits Grenze auszeichnet, die ein Beamer überhaupt nicht darstellen kann. Aufgrund der statischen Clipping Grenze bei ca.1000 nits zeigte der Sony ohne madVR auch enstprechende Überstrahlungen, während madVR alle Highlights sauberer heraus arbeitete. Wieder konnte man beim Sony mittels einer nachträglichen Pegelanpassung Abhilfe schaffen, aber dadurch litt auch die gesamte Bildhelligkeit, ein Problem, das madVR wegen seiner wirklich vollautomatischen Pegelanpassung nicht kennt.

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Heimkino braucht mehr weibliche Fans!

Ich warf ein, dass beide Filme eher seltene Extrembeispiele waren und sich das Gros der HDR Filme doch eher im Bereich zwischen 100cd/m² und 700cd/m² bewegt, was auch von anderen anwesenden Experten eingeräumt wurde, aber Anna (Bild oben) kam direkt mit dem legitimen Einwand, dass madVR aber auch dann „richtig“ reagiert, wenn in einem Film einmal kurzeitig wirklich strahlende Highlights, wenn auch nur in einer Szene, vorkommen.

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Als Beleg schauten wir uns die Kampfszene aus „HarryPotter und der Feuerkelch“ an, die zuerst sehr dunkel ist mit einer Maximalhelligkeit unter 50 Nits, gefolgt von einem Zauberstabkampf mit Blitzen mit Maximalhelligkeiten über 1000 Nits. Und siehe da: Tatsächlich gelang madVR zuerst die dunkle Szene durch 1:1 Wiedergabe mit der originalen Helligkeit und Details darzustellen und in der direkt folgenden hellen Kampfszene alle Details in den Blitzen ohne Überstrahlen zu erhalten, sogar die blassen Fabnuancen waren alle erkennbar. Zweifelsohne steht fest: madVR ist in Sachen automatischer HDR Anpassung überlegen.

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Für besondere Spannung sorgte der
N5 mit neuer HDR Firmware

Bis hierhin gab es eigentlich keine wirklichen Überraschungen und wir kamen (endlich) zum Höhepunkt des Tages: Der Vergleich zum neuen HDR Update der JVC N-Serie. Tatsächlich hatte die Mehrheit der Anwesenden dieses Update noch nie in Aktion gesehen und alle waren gespannt, wie das System überhaupt funktioniert. Wir begannen also mit etwas „Reverse Engineering“.

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Als erstes fällt auf dass das „Frame Adapt HDR“ Setting keinerlei Eingriff mehr ins Color Managament erlaubt, was auf den erste Blick skeptisch macht. Das gesamte Color Grading wird also von den JVC eigenen Algorithmen übernommen, was im Falle eines Fehlers nicht korrigiert werden kann. Ebenfalls überraschend war die Unterteilung des adaptiven „HDR Levels“ in drei Stärke Stufen: Niedrig, Mittel und Hoch. Viele fragten sofort, wieso es drei Stufen gibt, wenn das HDR doch vollautomatisch adaptiv arbeite.
Hier konnte ich durch ich meine Vorabtests in der HeimkinoBoutique erste Erkenntnisse teilen: Die drei Stufen beeinflussen, wie sehr das adaptive HDR das Bild aufhellen soll, was vom Ausgangsmaterial abhängt: Denn je mehr „aufgehellt“ wird, desto flacher wirkt das Bild, verliert also HDR Look. Der entsprechende Modus muss also entsprechend der Durchschnittshelligkeit des Filmes gewählt werden. Ein dunkler Film erfordert das „Hoch“ Setting, ein mittelheller Film das „Mittel“ Setting und ein heller Film das “Niedrig“ Setting. Diese Auswahl kann man aber auch dem JVC Projektor selbst überlassen,  denn der „Auto“ Modus wählt gemäß Metadaten aus. Und hier liegt wieder ein Problem, denn genau diese Metadaten sind bei vielen Blurays nicht zielführend genau.

Vor dem Praxisvergleich galt es aber noch, den N5 zu kalibrieren und dieser hatte es auch bitter nötig: Seine D65- Werkskalibrierung war deutlich zu grün und er zeigt nach 6 Monaten einen gehörigen Gamma-Drift auf 1,9. Damit wurde auch eine weitere Frage gleich mitbeantwortet: Ja eine Autocal bleibt auch bei der N-Serie Pflicht.

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Typischer LCOS Gammadrift,
auch bei der JVC N-Serie

Nach den Farbkorrekturen ging es dann endlich los:  Wir testeten wieder mit Harry Potter und eruierten, welchen seiner drei HDR Auto Modi der N5 bei „Auto“ wählen würde: Das kann man leicht herausfinden, indem man vom „Auto“-Modus auf die drei manuellen Modi umschaltet, einer entspricht stets dem „Auto“ Setting. Es war in diesem Fall „Mittel“, was auch zum Film passte, der JVC zeigte eine angenehme Dynamikanpassung. Doch dann kam es zur besagten Kamp Szene mit Elektroblitzen und hier zeigten sich die Grenzen des Systems: Ein Überstrahlen in den Highlights wurde nicht verhindert eine vollständige Pegelanpassung findet also nicht statt, wie bei madVR, das wie oben erläutert an keiner Stelle überbelichtete. Auch die sehr dunkle Szene direkt vor dem Kampf wurde von JVC im Vergleich zu madVR dunkler dargestellt.

Damit war bereits klar, dass das adaptive HDR des JVC N5 nur jeweils in einem vorher gewählten Teilbereich arbeitet. Interessant war noch die Frage, welche Schwellenwerte der Auto-Modus als Vorselektierung nutzt. Dazu griffen wir wieder zu Bladerunner, der sich anhand seiner Metadaten als dunkler Film (<500 nits) korrekt ausweist. Das erkannte der JVC auch korrekt und schaltete entsprechend auf den „hohen“  HDR Level mit mehr Bildaufhellung, was für diesen Film die richtige Wahl darstellt. Doch wie schon bei Sony gelang auch dem JVC keine komplette Dynamikanpassung, madVR entlockte dem N5 hingegen mehr Lichtreserven.

Aufgrund der blassen Inhalte wurde zudem auch ein „Bug“ schnell augenfällig: Die „Frame Adapt HDR“ Anpassung sorgte stets für ein Rotverschiebung im Bild: Neon-Lampen wurden zu warm, gelbe Farbtöne zu Gold usw…  Hier ist also zwingend eine nachträgliche Farbkorrektur erforderlich, die mangels Color Managements schwierig werde könnte. Aber vielleicht beglückt uns JVC ja auch mit einem weiteren Update als Bugfix.

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Farbverschiebungen durch das Frame Adaptive HDR
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Blieb noch „The Meg“: Hier gab es kein allgemeingültig bestes Setting: Bei HDR Level „niedrig“ wurden die starken Highlight-Szenen gut heraus gearbeitet, dunklere Filmszenen wurden aber zu dunkel. Auf „Mittel“ hingegen nehmen Überstrahlungen zu. Im Gegensatz dazu konnnte madVR durch Anpassung je Bild immer die ideale Grundhelligkeit zeigen.

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Nach eingehenden Tests waren wir uns im Fazit einig: Das JVC Frame Adapt HDR Update ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, denn gegenüber dem statischen HDR bietet es eine wesentlich bessere Dynamikausnutzung, die bei Beamern technisch bedingt begrenzter ist, als bei einem TV. Richtig abgestimmt auf die Quelle zeigt sich eine stimmige und beeindruckende Bildwiedergabe die den Namen HDR verdient. Doch da sind wir auch schon bei den Einschränkungen: Drei Stärke-Modi, die zudem noch auf oft falschen Metadaten der Disc ausgesucht werden, sind zu grob, um von einer wirklich vollautomatischen HDR Anpassung zu reden.

Dem Perfektionisten bleibt also weiterhin nichts anderes übrig, als sich vorab zu erkundigen (oder zu testen), welches der der Presets die besten Ergebnisse liefert und auch hier ist bei Szenen mit extremen Highlighst oder besonders subtiler Schattenzeichnung mit Kompromissen zu rechnen, denn jeder Modus arbeitet nur in Teilbereichen optimal.

Das Gleiche gilt auch für den Sony Contrast Enhancer, der über keinerlei Auto-Modus verfügt und der Anwender selbst die Clipping Grenze (HDR Contrast Regler) und Bildaufhellung (auch hier niedrig, mittel und hoch) bestimmen muss. Wir wurden in unserem Eindruck der ähnlichen Arbeitsweise beider Systeme auch bei diesem zweiten Vergleich bestätigt.

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Der „harte Kern“ stärkte sich nachts noch
mit Kuchenresten

Alleine madVR in seiner neuesten Version bietet wirklich eine vollautomatische HDR Anpassung ohne erforderliches Zusatz-„Trimming“  und war daher auch der Gewinner des Tages. Jedem Perfektionisten, der vor dem Aufwand einer PC-Installation und Konfiguration nicht zurück schreckt, sei daher an dieser Stelle empfohlen, sich mit madVR anzufreunden.

Aber an dieser Stelle seien auch alle PC-Hasser getröstet: Wenn auch nicht so perfekt wie madVR, auch die beiden „hauseigenen“ adaptiven Systeme der Hersteller sorgen für eine ansprechende Bildaufbereitung, die die Vorteile von HDR gegenüber SDR deutlich heraus arbeiten. Es ist davon auszugehen, dass die Hersteller das Potenzial in der adaptiven Signalverarbeitung auch für Beamer erkennen und diese von Update zu Update an Leistungsfähigkeit gewinnen wird. Das ist auch keine Zukunftsmusik, denn bei den TV-Kollegen sind diese leistungsfähigen Systeme bereits Wirklichkeit und warten nur noch auf eine Adaption für Beamer.  HDR wird immer besser!

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Manche Teilnehmer hatten viel Gepäck dabei

Ein schönes Fazit, doch sind damit tatsächlich alle kontroversen Diskussionen bzgl. HDR beendet? Natürlich nicht, denn wie schon eingehend erwähnt, mit HDR bei Beamern wird immer eine Gewichtung der Kompromisse erforderlich sein und diese unterliegen immer einem persönlichen Geschmack oder einer Philosophie.

Dazu ein Beispiel: Da die an diesem Tag verwendeten Beamer allesamt zu einer Helligkeit von 100cd/m² in der Lage waren, konfigurierte Flo madVR so, dass diese alle Bildhalte bis zu einer Leuchtdichte von 100nits „eins zu eins“ wiedergaben und begründete dies damit, dass dies absolut normkonform sei (was auch sachlich stimmt). Dies führt auch zwangsläufig zu hellsten HDR Wiedergabe mit sehr eindrucksvoller Plastizität. Allerdings wird das HDR Mastering nicht auf große Leinwandprojektionen in schwarzen Höhlen getrimmt, sondern auf mittelgroße TVs unter Restlichbedingungen im Wohnzimmer, was zu einem ganz anderen Helligkeitsempfinden führt. So empfanden auch manche Anwesende das Bild als „anstrengend“ und Nachtaufnahmen als unrealistisch leuchtend. Andere wiederum waren einfach nur von dem Bildeindruck begeistert.

Um die Diskussion weiter zu führen, kann man auch auf die THX und Dolby Empfehlungen von 15-18 ftl für Projektionen und 30ftl für HDR / Dolby Vision Highlights verweisen. Dies wiederum entspräche einer HDR „eins zu eins“ Wiedergabe bis 50cd/m² und einem HDR Reservebereich von 50cd/m² bis 100cd/m² für Highlights, was auch der Cine4Home Empfehlung entspricht.

Die Meinungen werden hier weiter divergieren und HDR kann weiter kontrovers diskutiert werden, doch auch das ist das schöne an madVR: Jede gewünschte Konstellation kann problemlos anhand der Settings programmiert werden und so kann jeder Nutzer die Kompromisse genau so gewichten, wie er / sie es persönlich für richtig hält. Es ist immer die optimale Lösung dabei!

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Ein großes Lob und Dankeschön an Michael Kexel (oben links)  für die Einladung zu dem schönen Event, Anna und Flo für ihr unermüdliches Engagement in Sachen HDR Optimierung per madVR und alle anderen Teilnehmer für die objektive und faire Beurteilung aller Ergebnisse.

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Manche Teilnehmer gingen sogar
bis an ihre physischen Grenzen

Hier zeigt sich wieder einmal, wie schön und verbindend das Thema Heimkino im persönlichen Austausch ist, fernab des üblichen Foren-Gerangels und Marken-Kampfes. Es hat uns auch bestätigt in unserem Projekt „Offene Cine4Home Redaktion“, die im November eröffnet wird. Mehr dazu in Kürze, auf zum nächsten Workshop!

06.11.2019
Ekki Schmitt
Cine4Home