Die unter Heimkino-HighEnd-Fans mit Abstand beliebteste Projektions-Technik ist seit vielen Jahren die LCOS-Technologie (JVC „D-ILA“ / Sony „SXRD“). Die Gründe dafür liegen auf der Hand: LCOS kombiniert die derzeit höchstmögliche Auflösung (Kino 4K), eine hohe Lichtausbeute und den bestmöglichen Schwarzwert. Als 3Chip Technologie ist LCOS zudem weitgehend frei von störenden Artefakten.
Trotz dieser Erfolge bleibt die Entwicklung nicht stehen und die Technologie wurde im Laufe der Zeit angepasst und auf neue Anforderungen und Beleuchtungstechniken angepasst. Die letzte Generation von LCOS zeigt sich in der noch relativ jungen N-Serie, bei der nicht nur die neuesten nativen 4K D-ILA Panels zum Einsatz kommen, sondern auch der optische Aufbau des Lichtweges komplett neu gestaltet wurde. Mit diesen Änderungen entstanden aber auch neue Diskussionen unter Heimkinofans bzgl. der Leistungsfähigkeit, denn mit der nativen 4K Auflösung kamen Unterschiede im Dynamikumfang und im Inbildkontrast zum Vorschein. Viele sehen die neue Panelgeneration als Ursache, doch eine genaue Analyse zeigt: Die ausschlaggebendsten Unterschiede liegen vor allem in der neuen Lightengine.
In diesem Special geben wir weltweit erstmals einen detaillierten Überblick über die unterschiedlichen Entwicklungsstufen von LCOS-Projektoren im Wandel der Zeit. Von den ersten Modellen bis zur aktuelle N-Serie.
Die „klassische“ D-ILA Lichtweg
Wir beginnen mit dem klassischen LCOS Aufbau, der so seit dem DLA-HD1 dokumentiert wird und sich seitdem in zahlreichen Heimkino-Generationen bewährt hat.
Nach Aufspaltung des weißen Lichtes in seine drei Grundfarben, wird es von den drei D-ILA Panels moduliert und anschließend durch ein X-Prisma wieder zu einem farbigen Bild gebündelt und projiziert. In Echt sieht das so aus:
Hier haben wir die Lightengine der X-Serie einmal komplett ausgebaut. Sie ist tatsächlich vertikal „auf der Seite“ im Chassis verbaut, was sie von einer klassischen 3LCD-Engine unterscheidet. Die drei Flachbandkabel führen zu den D-ILA Panels. Im eingekreisten durch Kunststoff verkapselten Teil findet die RGB-Farbaufteilung statt. Entfernt man den schwarzen Deckel, kommen die entsprechenden Lichtkanäle zum Vorschein.
Das Weiße Licht wird diametral in Blau und Gelb durch ein dichroitisches Spiegelkreuz aufgeteilt (1). Danach wird durch einen weiteren Spiegel (2) Gelb in Rot und Grün aufgeteilt. Das mittlere D-ILA Panel (3) moduliert den grünen Kanal. Das untere D-ILA Panel (4) moduliert rot und das obere Panel (5) schließlich blau. Anschließend wird durch das X-Prisma (6) alles wieder zusammengeführt.
So sieht der Aufbau in Echt aus: Die D-ILA Panels wurden zur Veranschaulichung farbig markiert, wir blicken dabei stets auf die kurze Seite des 16:9 Formats. Entscheidend ist hierbei die Konstellation / Ausrichtung der D-ILA Panels. Sie befinden sich alle in einer Ebene mit dem Projektionsobjektiv und liegen parallel zum projizierten Bild, bzw. tangential zum X-Prisma.
Früherer Aufbau der D_ILA Projektoren
(z.B. G-Serie)
Dazu eine Rückblende: Bei alten Präsentations-Modellen (Schema oben) lagen die D-ILA Panels dem X-Prisma gegenüber und waren tatsächlich wie bei einem 3LCD Projektor nebeneinander auf einer Ebene mit dem Objektiv. Sie standen sich in rechten Winkeln gegenüber.
Die drei D-ILA Bilder mussten so nicht doppelt gespiegelt werden (nur Blau und Rot einmal im X-Prisma). Dieser Aufbau ist optimal, um Reflektionen / Streaking zu verhindern, wie bei einem 3LCD Beamer).
Aber: Die Lightengine musste bei diesem Aufbau aus vier Prisma-Würfeln bestehen. Jedem D-ILA Panel war ein PBS (Polarization Beam Splitter) als Würfel vorgeschaltet, indem das Wiregrid im 45° Winkel vor dem D-ILA integriert war. Im „Ruhezustand“ (ohne Spannung auf den D-ILA Kristallen) reflektiert das WireGrid, was für den Schwarzwert nicht ideal war. Zu dieser Zeit zeigten D-ILA Projektoren auch noch keine Referenzleistung in Schwarzwert und Dynamikumfang. Diese kam erst durch folgende Modifikationen:
Durch Umpositionieren der D-ILA Panels um 90° konnte die Leistung erheblich verbessert werden: Im Ruhezustand passiert das Bild jetzt die Wiregrids direkt in Längsrichtung, was weniger Streulicht und einen besseren Schwarzwert ermöglicht. Weiß wird erst durch Umpolarisierung (Spannung auf D-ILA Kristallen) erzeugt, etwaige Streulichtschwankungen in Weiß fallen beim On/Off Kontrast nicht so schwer ins Gewicht. Durch diese Umkehrung der Lichtweiche konnte der Dynamikumfang auf Referenzwerte gesteigert werden.
Ebenfalls konnte durch diesen Aufbau die Hälfte des PBS-Würfels wegfallen, übrig bleibt ein dreieckiges Glas, das weiterhin das D-ILA Panel hermitisch versiegelt, doch die Wiregrid-Seite liegt nun offen an der Luft, was auch die Driftproblematik auslösen kann. Weiterer negativer Nebeneffekt: Lichtbrechung mit den typischen Effekten (Halo, Streaking, Streulicht). Die drei Glas-Dreicke sind weiterhin mit dem X-Prisma verbunden:
Dieser Aufbau ist hat sich bis heute als wegweisend erwiesen. Auch Sony verwendet genau diese Struktur seit dem „Ruby“ (VW100) bis zur aktuellen 4K UHD / Laser Generation:
Dieser Aufbau ist aber eben ziemlich verschwenderisch und teuer, wie man auch an dem rieseigen und schweren Chassis des VW760/870 sieht.
Epson hat es sich einfach gemacht, und diesen Aufbau bei ihrer „R-LCD“ Technologie einfach von JVC und Sony kopiert. Im Vergleich zu Sony war man aber einen Schritt weiter gegangen und hat die Lichtquelle in Gelb und Blau komplett getrennt, wodurch das dichroitische Spiegelkreuz am Anfang des Lichtweges entfällt. Lichttechnisch führt das zu optimaleren Ergebnissen:
In dieser Aufnahme erkennt man am besten, worauf es in Sachen Streulicht ankommt. Das Bild der roten und blauen Panels wird um 180° entlang der X-Achse gespiegelt:
Das Licht des grünen Panels muss lediglich um 90° entlang der X-Achse gedreht werden. Der „Trick“ mit dem vertikalen Lichtweg mag unorthodox sein, doch optimiert die Lichtführung für LCOS effektiv.
Nachteil: Wie man sieht, ist der vertikale Aufbau mit zwei vertikalen Panels und einem innen liegenden, horizontalem Panel sehr aufwändig und nicht symmetrisch strukturiert. Wenn in der Zukunft drei separate RGB Lichtquellen eingesetzt werden sollen, wird das liegende grüne Panel zu einem Problem, weil sich dann Lichtwege kreuzen und / oder mit Spiegeln umständlich über Eck gelenkt werden müssen. Das ist vermutlich der Grund, wieso LCOS Pionier JVC diesem Aufbau nicht treu geblieben ist, sondern ihn im Rahmen des neuen 4K Chassis (N-Serie) komplett geändert hat:
Der neue D-ILA 4K Lichtweg
Wir kommen zum „brandneuen“ Aufbau, den JVC mit seiner neuen 4K-nativen N-Serie eingeführt hat. Einen ersten Anhaltspunkt dafür hatte der Hersteller selbst bei seiner Premierenpräsentation mit folgender Werbegrafik gegeben:
Die Panels selbst sind nicht mehr senkrecht (Rot / Blau) und waagerecht (Grün) in einer vertikal stehenden Lightengine verbaut, sondern alle drei Panels sind nun liegend und in einem Dreieck zueinander verbaut. Das X-Prisma vereint die Bilder dabei rein horizontal, ähnlich einem 3LCD Beamer. So einen Aufbau gab es bislang noch nicht.
In diesen Fotos sehen wir den ungewöhnlichen Aufbau in Echt: Nach Abnahme der Belüftung ergibt sich ein Blick auf die Kühlkörper, die jeweils auf der Rückseite der D-ILA Panels montiert sind. Tatsächlich „liegen“ also alle drei Panels.
Die Kühlkörper sind direkt mit der Rückseite der
D-ILA Panels verbunden
Aus einem niedrigeren Winkel erkennt man, dass die Panels sich nun nicht mehr auf einer Ebene mit dem Rest des Lichtweges befinden, sondern eine „Etage höher.“ Genau genommen erstreckt sich der Aufbau sogar über drei Etagen:
Die drei Ebenen der neuen Lightengine:
1) Farbmodulation des weißen Lichtes (Kanäle mit dichroitischen Spiegeln)
2) Prisma-Ebene und Objektiv
3) D-ILA Panel-Ebene
Auf der untersten 1)-Ebene („Erdgeschoss“) findet die übliche Farbaufteilung durch dichroitische Spiegel statt. Die Lampe ist seitlich positioniert und als erstes wird wieder das blaue Licht abgespalten, diesmal aber nicht durch ein Kreuz, sondern einen einzelnen dichroitischen 45° Spiegel.
Der Lichtweg hat hier übrigens einen „Seiteneingang“, der normalerweise mit einer Klappe verschlossen ist. Er dient offensichtlich einer optionalen Laserlichtquelle, bei der Gelb (Phosphor) und Blau (blaue Laserdioden) stets getrennt sind. Hier sieht man, dass JVC einen „One fits all“ Lichtweg konzipiert hat, um ihn sowohl für Business- als auch Heimkino- Modelle der kommenden Generationen kompatibel zu machen.
Nach der Blauabtrennung wird das restliche Gelb wieder „über Eck“ in Rot und Grün geteilt. Den entsprechenden Spiegel kann man oben im Lichtweg an der Justage-Fahne erkennen.
Dieser gesamte „Farbkanal“ liegt übrigens komplett unter der Objektivebene (1), weshalb das Licht jeweils mit einem 45° Spiegel senkrecht nach oben „geschickt“ wird auf die (3) Ebene. Es trifft dort rechtwinklig auf das jeweilige, flach liegende D-ILA Panel.
Das Wiregrid-Prisma ist diesmal also nach unten gerichtet. Im „Ruhezustand“ (sprich ohne Spannung auf den D-ILA Panels) strahlt das Licht weiterhin senkrecht durch das Wiregrid, was für den hohen Schwarzwert unerlässlich ist.
Unmoduliert gelangt das Licht nach Reflektion auf der D-ILA Rückseite wieder direkt senkrecht in den „Keller“ (Schwarz). Nach Umpolarisation durch das D-ILA Panel wird das Licht hingegen durch das 45° Wiregrid auf „halber Höhe“, also auf Ebene 2) abgezweigt und Richtung X-Prisma und von daher durch das Objektiv zur Leinwand geleitet.
Anmerkung: Seit der X-Genration arbeiten JVC D-ILA Projektoren volldigital: Das Licht wird entweder komplett auf Schwarz polarisiert (keine Modulation durch D-ILA Panel), oder komplett auf 100% Helligkeit polarisiert. Zwischenstufen gibt es nicht mehr. Die eigentliche Helligkeitsmodulation erfolgt ausschließlich durch Pulsweitenmodulation, sprich durch unterschiedliche An/Aus – Schaltfrequenzen. Dies wiederum führt zu den üblichen Nebenwirkungen (Rauschen, Farbtiefen-Reduktion), die von der Reaktionszeit der Flüssigkeitskristalle abhängen.
Im Bild oben sehen wir den ausgebauten, wirklich kleinen Lichtweg. Durch diesen Etagenaufbau mit horizontalen D-ILA Panels ist der Lichtweg ungemein kompakt. Es gibt aber auch einen Nachteil: Der Aufbau ist sehr hoch, weshalb das Chassis der N-Serie entsprechend überproportional hoch ist.
Dieser Umstand zeigt sich bei vielen Wohnzimmerkinos als ein wirklich großes Ästhetik-Problem, weil den Interessenten das Chassis einfach zu hoch ist und zu weit von der Decke ragt. Die X-Serie war in dieser Hinsicht viel stimmiger proportioniert, designtechisch war das eine weniger glückliche Entscheidung.
Rein von der Polarisation her gibt es kein erkennbaren Unterscheid zum alten Aufbau, der eine unterschiedliche Performance im Kontrast bewirken könnte. Erforderlich sind nun zwei zusätzliche „normale“ 45° Spiegel für die senkrechte Umlenkung, was eventuell einen Einfluss auf die Streulichteigenschaften und Halos haben kann. In welchem Umfang allerdings, ist schwer zu beziffern.
Ein wirklich großer Unterschied findet sich schließlich nach der Lichtmodulation: Die waagerechten Panels sind nun nicht mehr zueinander parallel, wie noch bei der alten Light-Engine der X-Serie, sondern sind zueinander liegend um 90° / 180° gedreht, was unterschiedliche Symmetriespiegelungen erforderlich macht.
Das Bild des grünen Panels muss (genau wie bei der alten Lightengine) lediglich um 90° um die X-Achse gekippt werden, was durch das Wiregrid selbst geschieht. Danach passiert es das X-Primsa auf geradem Weg Richtung Objektiv:
N-Serie: Es sind umfangreichere Achs-Spiegelungen erforderlich,
als bei de X-Serie.
Diese birgen neue Inbild-Spiegelungen (Streaking, Halos)
Das Bild des roten Panels wird hingegen nun in zwei verschiedene Richtungen gekippt: Zuerst um 90° entlang der X-Achse durch das Wiregrid, anschließend aber noch einmal um 90° entlang der Y-Achse, es wird zweimal „geklappt“ sozusagen. Das gleiche gilt für das blaue Panel. Dies ist ein signifikanter Unterschied zum alten Lichtweg, bei dem das Bild aller der Panels gleichartig gespiegelt wurden (siehe oben). Durch diese „Verdrehungen“ des Lichtweges kann es durchaus Zusammenhänge zu den Spiegelerscheinungen geben. Vor allem das Streaking, das bei der X-Serie ausschließlich vertikal auftritt, bei der N-Serie aber in beide Richtungen, könnte hier seine Ursache haben.
Warum die Änderungen mit Nebenwirkungen? JVC hat den Lichtweg wahrscheinlich deshalb verändert, weil dieses neue Layout wesentlich kompakter und in der Summe auch einfacher / günstiger im Aufbau und vor allem klarer strukturiert ist. Schon jetzt wäre es leichter, eine separate Blau / Gelb Lichtquelle (Laser + Phosphor) zu integrieren, was bereits in dieser Version im Rahmen der Professional Modelle umgesetzt wurde. Aber auch bei einer reinen RGB-Quelle (Laser oder LED) wäre der Aufbau viel einfacher, weil in diesem Fall jeweils nur eine der drei Lichtquellen direkt von unten das jeweilige D-ILA Panel anstrahlen muss und das Bild von dort aus dann direkt ins X-Prisma geleitet wird.
Fazit: Der neue Lichtweg ist eindeutig für die Zukunft konzipiert, wie bei Beamern in Anbetracht der hohen Entwicklungskosten üblich. Die neue Lightengine kann sowohl bei allen möglichen Professional Modellen verwendet werden, als auch mit zukünftigen Lichtquellen leicht kombiniert werden. Die kompakten Maße erleichtern zudem die Modulbauweise, die bei der N-Serie schon zum Tragen kommt. Im Cine4Home „Tear Down“ Special wurde schon aufgezeigt, dass es noch nie einen so modular aufgebauten Heimkinobeamer gab, wie die N-Serie.
Zugunsten dieser Vorteile hat man die Nachteile im Inbildkontrast anscheinend in Kauf genommen. Vor diesem Hintergrund ist es unwahrscheinlich, dass die Unterschiede zur X-Serie im ANSI-Kontrast/ Streaking / Halos auf die neuen 4K Panels zurückzuführen sind. Anders beim geringeren On / Off Kontrast: Der absolute Schwarzwert wird ausschließlich durch die Lichtpolarisation der Flüssigkeitskristalle erzeugt. Die Miniaturisierung auf ein Viertel der Pixelgröße wird einen Einfluss auf die Polarisationsgenauigkeit haben. Die alte, extrem gute On / Off Performance der X7x00 Serie scheint weiterhin möglich, wird aber nur durch extreme Panel / Wiregrid Selektion für die NX9 Serie derzeit erreicht. Auch die aufgehellten Ecken sind auf die Panels zurückzuführen, sie hängen mit dem Verkleben der Panel-Ebenen zusammen.
In beiden Fällen müssen wir abwarten, wie JVC die Fertigungsprozesse weiter optimiert. Erfreulich ist es jedenfalls, dass JVC offensichtlich Varianten mit alternativen Lichtquellen durchaus vorsieht, die Zukunft von D-ILA bleibt über die nächsten Jahre daher spannend.
2020-07-11
Cine4Home
Ekki Schmitt