Probleme und Fehler sind in HighTech-Produkten nahezu unumgänglich und nicht verwerflich. Wichtig ist es aber, wie man mit diesen Problemen umgeht. Fehler zu dokumentieren ist daher interessant und notwendig, um den Weg für Verbesserungen zu ebnen. Letzteres gelingt aber wiederum nur, wenn man auch die Ursachen für Fehlkonstruktionen findet. Seit Entdeckung des SXRD Drifts vor Jahren auf einem C4H Workshop in Uhingen, haben wir uns stets um Informationen bemüht und eigene Recherchen angestellt, die aktuell in der Sektion eines SXRD-Projektors münden, dessen massiven Kontrastverlust und Drift wir als „WorstCase“ im letzten Special dokumentiert haben.

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In diesem neuen Special fassen wir unsere Ergebnisse zusammen und hoffen, dass diese eine weitere Grundlage zur Diskussionen unter allen technikinteressierten Großbildfans bilden. Wir freuen uns über jede weitere Anregung oder Hinweise zur finalen Erklärung des Phänomens…

1. Technischer Aufbau – wie entsteht der Kontrast in einem SXRD Projektor?

Eine Ursache kann nur gefunden werden, wenn man die Funktionsweise genau versteht. Zum Glück hat Sony hier in zahleichen Dokumenten und Schulungen die Arbeitsweise seiner Projektoren genau erläutert, die nach dem „LCOS“-System arbeiten. LCOS steht für „Liquid Crystal on Silicon“, streng genommen sind SXRD Projektoren also LCD-Beamer.

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Das LCD-Prinzip

Bei LCD-basierendem Systemen erfolgt die Lichtmodulation stets durch Polarisierung des Lichtes. Das Licht der Leuchtquelle wird von einem Polarisationsfilter vorpolarisiert und von den kleinen in Flüssigkeit schwimmenden und drehbaren Kristallen (LCD) so belassen, oder umpolarisiert. Je nach Polarisation wird das Licht dann von einem zweiten Filter absorbiert (schwarz) oder durchgelassen (weiß), Zustände dazwischen (teilpolarisiert) erzeugen Graustufen.

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„WireGrid“ als Lichtweiche

Auch bei einem LCOS-Projektor wird das Licht per Polarisation moduliert, allerdings in etwas abgewandelter Form. Statt klassischer Polfilter kommen so genannte „WireGrids“ zum Einsatz. Sie arbeiten wie eine Weiche: Je nach Polarisation wird das Licht entweder wie von einem Spiegel reflektiert, oder wie bei einer Glasscheibe hindurch gelassen.

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Funktionsweise eines LCOS Panels
im Querschnitt

Das LCoS Panel arbeitet ebenfalls anders: Das Licht passiert es nicht wie ein Dia, stattdessen ist die Rückseite verspiegelt und das Licht verlässt das LCoS auf dem selben Wege, wie es gekommen ist.

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Die LCOS Kern-Engine besteht nur aus zwei Komponenten:
WireGrid und LCOS Panel

Die Lichtweiche (WireGrid) wird im 45° Winkel vor dem LCOS platziert und macht nachgeschaltete Polfilter überflüssig: Das eingehende Licht ist so polarisiert, dass es das WireGrid wie eine Glasscheibe passiert und senkrecht auf das LCOS Panel trifft. Im Ruhezustand porlarisiert das Panel das Licht nicht (Kristalle aufgestellt), reflektiert es also unmoduliert zurück auf das WireGrid, das es wieder wie eine Glasscheibe passieren lässt, zurück in Richtung Lichtquelle. Es gelangt nicht in den weiteren Lichtweg / Objektiv, die Leinwand bleibt schwarz.

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Wird das LCOS Panel hingegen aktiviert, so drehen sich die in der Flüssigkeit schwimmenden Kristalle und ändern die Polarisation des Lichtes. Danach wird es ebenso direkt zurück in Richtung WireGrird reflektiert. Durch die „gedrehte“ Polarisation wird es aber nun vom WireGrid wie ein Spiegel reflektiert und im 45° Winkel in Richtung Objektiv weiter geleitet, es entsteht „weiß“ auf der Leinwand.

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LCOS Projektoren arbeiten mit 3 Panels,
für jede Grundfarbe getrennt

Drei dieser Systeme modulieren jede Grundfarbe separat (Rot / Grün / Blau), anschließend werden diese drei Einzelbilder durch ein Prisma zusammengeführt und erzeugen gemeinsam das Farbbild.

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Kompletter Lichtweg eines SXRD-Projektors

Seit der 4K Generation arbeiten SXRD Projektoren volldigital, dass heißt, die Panel kennen nur noch den Zustand „Schwarz“ oder „Weiß“, die Graustufen entstehen durch schnelle An/ Aus Frequenzen (Pulsweitenmodulation).

Dieses volldigitale LCOS-System bietet gleich mehrere Vorteile für die Bilderzeugung, weshalb die weltweit besten Heimkinoprojektoren es verwenden:

a) Da die Rückseite des LCOS verspiegelt ist, können die Leiterbahnen hinter der Spiegelschicht verlaufen und sind so außerhalb des Lichtweges.

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Die Pixel können näher zusammenrücken, was den Fliegengittereffekt eliminiert und eine höhere Auflösung auf gleicher Fläche ermöglicht.  Bis heute sind native 4K Heimkinoprojektoren ausschließlich mit LCOS Technik zu finden.

b) Das WireGrid muss für Schwarz das Licht nicht komplett absorbieren (wie ein herkömmlicher Polfilter), sondern lässt es zurück zur Lichtquelle. Dies vermindert die thermische Belastung und erlaubt eine höhere Lichtausbeute bei gleichzeitig höherem Kontrast.

c) WireGrids können aufgrund ihrer Bauweise das Licht genauer polarisieren, als herkömmliche Polfilter. Dadurch ist eine bessere Lichtblockade möglich, was wiederum zu einem besseren Schwarzwert führt, was den Kontrast und Dynamikumfang erhöht.

d) Das Tandem WireGrid / LCOS erzeugt im Ruhezustand stabil schwarz, dabei hilft ein „Alignment Layer“.

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Dadurch kann die Lichtblockade besser ausbalanciert werden und stabiler gehalten werden. Das verbessert den Schwarzwert / Kontrast / Dynamikumfang.

Mehr Auflösung, mehr Lichtausbeute, mehr Kontrast, es ist leicht einzusehen, wieso LCOS Projektoren im Heimkinobereich so beliebt sind. Doch zurück zu unserer Ursachenforschung für den Kontrastverlust:

2. Drift / Kontrastverlust durch „Abnutzung“?

Als erster Gedanke liegt nahe, dass der Drift und Kontrastverlust durch Verschleiß entstehen. Je länger ein Projektor genutzt wird, desto höher der Verschleiß, desto niedriger fällt die Performance. Tatsächlich liegt dieser Verdacht nahe, denn bei der Nutzung wird ein Projektor tatsächlich einem hohen „Physikalischen Stress“ ausgesetzt, durch hohe Temperaturen im Inneren, Temperaturschwankungen, UV-Strahlung und die schiere Lichtmenge. Filter können ausbleichen, Verklebungen altern etc.. etc..  Auch unser Ansatz setzte daher zunächst den Augenmerk auf den Verschleiß.

Doch schon vor einigen Jahren dokumentierten wir, dass eine intensive Nutzung den Drift und Kontrastverlust nicht beschleunigte, sondern im Gegenteil verlangsamte oder sogar ganz aussetzte. Vorführer von Händlern, die in Dauerschleife in den Demoräumen liefen, wiesen keinerlei Drift auf, waren also absolut stabil.

Dieses Phänomen wurde auch von Sony damals bestätigt, denn in ihren 24/7 Langzeittests (denen Projektoren in der Entwicklung grundsätzlich unterzogen werden) war auch kein Verschleiß der komplett anorganischen Komponenten zu verzeichnen, sie waren genauso überrascht.

Umgekehrt wiesen aber einige Geräte einen massiven Drift auf, die wenig oder gar nicht benutzt wurden. Nicht verkaufte Modelle, die lange beim Vertrieb oder Händler eingelagert waren, zeigten einen Kontrastverlust von bis zu 50% und mehr.  Immerhin: Bei Reklamation dieser Neugeräte wurden diese ohne weitere Erklärung durch den Hersteller getauscht, man stand zu seiner Verantwortung.

Stark benutze Geräte sind stabil, wenig oder gar nicht benutze Geräte driften und verlieren unwiderruflich Kontrast. Diese verblüffenden Ergebnisse sind also der erste Ausgangspunkt für weitere Recherchen…


3. Theoretisch mögliche Ursachen für den Kontrastverlust

Unsere Beobachtungen viele betroffener Geräte zeigt: Der Kontrastverlust bei SXRD Projektoren erfolgt alleine durch eine Aufhellung des Schwarzes, ein Lichtverlust findet nicht statt. Da Schwarz alleine durch die Polarisation durch Polfilter / WireGrid und LCOS Panel entsteht, kann auch nur hier der Fehler entstehen. Mögliche Ursachen können sein:

a) Das WireGrid verliert seine Polarisierungseigenschaften, arbeitet also „ungenauer“. Es lässt mehr Licht passieren bzw. reflektiert mehr Anteile dorthin, wo sie nicht hingehören.

b) Das SXRD Panel beeinflusst die Polarisation des eingehenden Lichtes auch im Ruhezustand mehr und verhindert so das bestmögliche Schwarz.

c) Der Winkel zwischen WireGrid und LCOS Panel muss perfekt abgestimmt sein, um einen „Sweetspot“ im Schwarzwert zu erreichen. Er könnte sich verändern.

e) Sonstige Polarisations-Komponenten im Lichtweg verringern ihre optimalen Eigenschaften.

Die Liste ist kurz, aber die Ursachenforschung deshalb doch nicht einfacher. Wir setzen die möglichen Gründe zunächst in Bezug zu unseren Beobachtungen und Informationen, die wir von den japanischen Ingenieuren erhalten haben, als Sony noch offen und kundenorientiert mit dem Problem umging.  Danach steht der Drift und Kontrastverlust im Zusammenhang mit der Luftfeuchtigkeit.

Zu a) Nehmen wir an, das SXRD-Panel ist die Fehlerursache. Dies würde bedeuten, dass sich die Flüssigkeitskristalle bzw. ihre Ausrichtung im Ruhezustand geändert hat. Es wäre möglich, dass sie ihre Polarisationseigenschaften verändern, oder dass ihre Auflagefläche „rauer“ wird. Es könnte auch sein, dass die Spiegelschicht oxidiert und somit die Kristalle und Licht negativ beeinflusst.

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Ein verändertes Alignment Layer im SXRD Panel könnte den Schwarzwert 
beeinträchtigen

Gegen diese Theorien spricht, dass andere LCD-basierenden Projektoren diese Degradationen nicht kennen, auch nicht LCD Projektoren aus dem Hause Sony. Es kann sich also nicht um ein grundlegendes LCD-Problem handeln. Ebenfalls dagegen spricht, dass der Weißpegel nicht beeinflusst wird, womit die Kristalle selbst als Fehlerursache unwahrscheinlicher werden. Für die Theorie spricht wiederum, dass Sonys SXRD Panels die dünnsten LCDs der Welt sind, weshalb die Kristalle in ihnen wenige Masse einnehmen und daher reaktionsschneller sind. Andere LCDs sind „dicker“ und damit eventuell stabiler.

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SXRD Panels gehören zu den dünnsten der Welt

Ziehen wir unsere eigenen Beobachtungen und Informationen hinzu, wird die Theorie unwahrscheinlicher: Die Luftfeuchtigkeit kann ein SXRD-Panel nicht beeinflussen, denn es handelt sich um ein komplett versiegeltes System, das mit der Außenwelt nicht in Berührung kommt. Die verwendeten Dichtmaterialien haben eine Lebensdauer von 15 Jahren und mehr. Vorstellbar wäre höchstens eine Oxidation / Reaktion innerhalb des Panels, z.B. zwischen Spiegelschicht / Alignment Layer und Flüssigkeit. Doch in diesem Fall hätte das Nutzungsprofil keinerlei Einfluss auf den Drift, stark genutzte Projektoren würden genauso betroffen sein, wie weniger stark benutzte. Auch die Lagerung hätte keinen Einfluss. Es käme noch in Betracht, dass die SXRD Kristalle / Ausrichtung leiden, wenn sie über einen langen Zeitraum nicht bewegt werden. Dass dann aber ausgerechnet ihr Ruhezustand (schwarz) sich ändert, erscheint zumindest unwahrscheinlich.

Sollte dies SXRD Kristalle selbst die Ursache sein, besteht die Hoffnung, dass man sie „wieder in Gang setzen“ kann, die Kristalle vielleicht wieder ihre optimalen Polarisationseigenschaften erhalten. Wir sind dieser Hoffnung nachgegangen und haben den VW90 wochenlang mit ständig wechselnden Bildern gefüttert (Weißbilder, Weiß / Schwarz Sequenzen, etc.. etc). Das Ergebnis war leider ernüchternd: Es gab keinerlei Einfluss auf Schwarzwert und Kontrast, sie blieben unverändert niedrig.

Alles in allem kann man das SXRD Panel nicht als Ursache ausschließen, doch obige Überlegungen und die Tatsache, dass gerade ständig genutzte SXRD Projektoren, stabil bleiben, sprechen nicht dafür.

Zu b) Sollten die WireGrids ihre optimale Polarisationseigenschaften verändern, kann dies nur durch Alterung bzw. äußere Einflüsse ausgelöst werden. Nahe liegt, dass thermische Belastung und „Bestrahlung“ im Lichtweg ihre Oberflächenbeschaffenheit abnutzt, doch unsere Beobachtungen (wenig genutzte Geräte) widerlegen dies direkt.

Bleibt also nur die Möglichkeit, dass WireGrids unter Nichtgebrauch und falscher Lagerung leiden. Schauen wir uns ihre Konstruktion einmal genauer an:

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Bei WireGrids handelt es sich um metallbedampfte Gläser. Das Metall, hier Aluminium, bildet mikroskopisch kleine Stränge, wodurch das „WireGrid“ seinen Namen erhält (Maschendraht).  Wir alle haben in der Schule gelernt: Metall kann mit der Umwelt durch Oxidation reagieren und seine Eigenschaften verändern. Dies wiederum würde sich mit unseren Informationen (Zusammenhang mit Luftfeuchtigkeit) decken.

Wir recherchieren im Internet diverse Whitepapers und stellen fest: Tatsächlich ist Oxidation ein großes Problem bei WireGrids, das bis heute nicht komplett gelöst wurde. Zwar gibt es diverse „Coatings“, die einer Oxidation vorbeugen sollen, diese haben wiederum einen negativen Einfluss auf die Polarisationseigenschaften des WireGrids. Umgekehrt bieten dünne Versiegelungen keinen perfekten Langzeitschutz. Es gibt zu diesem Thema diverse Publikationen und Patente, eine einheitliche Lösung ist nicht ersichtlich.

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WireGrids nehmen durch Oxidation Schaden

Diese Recherchen rücken die WireGrids weiter in den Fokus als Fehlerquelle, doch es bleiben Fragen? Wieso sollte es Sony in all den Jahren nicht gelungen sein, langzeitstabilere WireGrids zu verwenden? Wieso haben andere LCOS Fabrikate wie von JVC nicht dieses Problem? Dazu erinnern wir uns an ein Gespräch mit dem japanischen D-ILA Produktchef von JVC: Auf die Frage, wieso JVC in Sachen Kontrast soweit vor der Konkurrenz liegt antwortete er überraschend offen, dass eines der Geheimnisse besonders perfekt polarisierende WireGrids sind. Diese WireGrids werden zwar von einem externen Zulieferer eingekauft, aber JVC hat einen Exklusivvertrag für Projektoren. Solange kein anderer Zulieferer dieselben Qualitätsstandards erreicht, bleibt der große Vorsprung erhalten. Dieses Gespräch liegt einige Jahre zurück, sollte es bis heute keine vergleichbaren WireGrids geben? Auch Epsons R-LCD Projektoren zeigen keinen Verlust im Kontrast.

Unsere Beobachtungen zeigen: Stark genutzte Projektoren zeigen weniger Drift, dauerhaft genutzte Geräte gar keinen Drift. Auch dies könnte in die Theorie passen: Während des Betriebes heizt sich der Lichtweg eines Projektors aufgrund der Lichtquelles auf. Warme Luft absorbiert wesentlich mehr Feuchtigkeit, die Luft ist wesentlich trockener. Warme, zirkulierende Luft ist ein Garant für eine minimale Luftfeuchtigkeit, wodurch eine Oxidation unwahrscheinlicher wird.

Vieles spricht also für die WireGrids, aber es bleiben auch Fragen, immerhin haben wir aber einen weiteren Ansatz, dem wir nachgehen können.

Zu c) Der Winkel zwischen WireGrid und LCOS Panel muss perfekt ausgerichtet sein, um eine perfekte Lichtmodulation zu gewährleisten. Ändert das LCOS Panel oder das Wiregrid seine Polarisationseigenschaften, so muss dieser Winkel angepasst werden. Allerdings kann besagter Winkel nur einmal in der Fabrik bei der Produktion eingestellt werden und wird anschließend durch Verklebung dauerhaft fixiert. Eine mechanische Veränderung des Winkels ist unwahrscheinlich, weil gerade unbenutzte Geräte driften, die gar keiner Belastung unterliegen.

Nach unseren Ingenieurs-Informationen ist der Winkel dennoch ein Teil des Problems: Der Optimalwinkel verändert sich durch den Drift, weshalb man bei der Produktion versucht hat, einen Offset zu berücksichtigen. Mit anderen Worten: Man hat den Winkel so eingestellt, dass er nach gewisser Zeit optimal wird. Der Kontrast müsste sich durch diese Maßnahme im Verlauf der Zeit also verbessern (nicht verschlechtern), bis der „Sweetspot“ erreicht ist.  Leider konnten wir in der Praxis dieses Verhalten an keiner Stelle im Laufe der Zeit nachweisen, weshalb wir davon ausgehen müssen, dass der Lösungsansatz des Winkel-Offsets bei der Produktion nicht funktioniert hat. Dass dieser Ansatz aber verfolgt wurde zeigt, dass die Polarisationseigenschaften der WireGrids oder SXRD Panels sich verlagert.

Zu d) Im Lichtweg sind meistens auch andere polarisationsfördernde Komponenten verbaut: Zusätzliche „Contrast Plates“, die das Licht bereits vorher „bereinigen“ sollen. Auch sie könnten altern bzw. bei Nichtgebrauch oxidieren und könnten die Ursache sein. Dagegen spricht aber wiederum die Tatsache dass sich auch in vielen anderen Projektoren mit herkömmlicher LCD-Technologie verbaut sind und dort keinerlei Probleme verursachen. Außerdem könnten sie bei Ausfall relativ einfach getauscht werden, eine Reparatur wäre nicht teuer. Dennoch werden wir auch sie im Hinterkopf für weitere Analysen behalten.

Soweit die möglichen Fehlerursachen und die Wahrscheinlichkeiten. An dieser Stelle kommt man ohne Kommunikation seitens des Herstellers nicht weiter, denn bei dem Phänomen des Kontrastverlustes handelt es sich um physikalische Reaktionen auf mikroskopisch kleinen Räumen. Dennoch versuchen wir unser Glück und machen uns auf die Suche nach Anhaltspunkten bei einem besonders stark betroffenem Gerät, den VW90 aus unseren letzten Untersuchungen.

4. Sektion eines schwer betroffenen SXRD-Projektors

In Deutschland weitgehend unbemerkt hat der Ingenieur Nikos Tsolas auf seiner Webseite „Projectorjunkies“ vor einigen Jahren wichtige Pionierarbeit geleistet. Auch er hatte einen SXRD Projektor (VW80) in die Hände bekommen, der in Sachen Kontrast, Gamma und Farben „hinüber“ war und hat diesen komplett zerlegt um fehlerhafte Bauteile zu finden. Als Ursache ausgemacht hat er die WireGrids, die augenscheinlich in ihrer Beschichtung gelitten haben. Wir haben ihn vor einigen Wochen kontaktiert und er bestätigte das Ergebnis und die Tatsache, dass Sony seine Anfragen komplett ignoriert hatte und keinen Willen gezeigt hatte, hier Nachbesserung und / oder Transparenz ins Thema zu bringen. Hier die entsprechenden Artikel:

https://www.projectorjunkies.com/fall-of-onoff-contrast-on-sony-sxrd-update/

http://www.projectorjunkies.com/?p=1384

Nach diesen vorbildlichen Artikeln wollen wir unser Glück ebenfalls versuchen und greifen zum Schraubenzieher. Zum Glück hat uns der Besitzer des VW90 autorisiert, das Gerät komplett zu zerlegen.

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Nach Abnehmen des Deckels erhalten wir schon einen Ausblick auf die Lightengine, die bei Sony vertikal aufgebaut ist. Tatsächlich ist der VW90 sehr wartungsfreundlich, nach Abstecken eines Dutzends Kabel und Lösen einiger Schrauben, kann der Lichtweg als Einheit aus dem Chassis genommen werden.

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Nun gilt es sich bis zum eigentlichen Lichtweg „durchzuschrauben“ indem man die angeflanschten Luftkanäle und die Steuerlektronik entfernt. Ca. 25 Schrauben später hat man den eigentlichen Lichtweg isoliert.

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Nach weiterem Abnehmen des Deckels haben wir den Lichtweg schließlich komplett freigelegt. Anschaulich ist immer das Einleuchten mit einer starken Taschenlampe, was die Aufteilung des weißen Lichtes in seine drei Grundfarben deutlich macht.

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Wie wir sehen, wird im ersten Schritt der blaue Spektralanteil durch einen dichroitischen Spiegel abgetrennt und geht seinen eigenen Weg. Das verbleibende gelbe Licht wird durch einen zweiten dichroitischen Spiegel in Rot und Grün aufgeteilt.

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Der Trick mit der Taschenlampe zeigt auch anschaulich das Problem: Wie bereits erläutert, erzeugen alle LCOS-Panels im Ruhezustand Schwarz. Leuchtet man am Anfang mit der Taschenlampe hinein sollte im Idealzustand so gut wie kein Licht aus dem Objektiv strahlen. Tatsächlich aber ist ein deutlicher Lichtstrahl zu erkennen, wenn man vorne ins Objektiv schaut (siehe Bild oben).

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Besonders auffällig und interessant ist die Tatsache, dass das blaue Licht noch weitere Glaselemente durchläuft, anscheinend zur Spektraloptimierung, auch ein zusätzlicher Polfilter ist nachgeschaltet.

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Wir haben alle Elemente untersucht und konnten keine Alterung feststellen. Da der Drift auch alle Farben betrifft, ist ein Fehler in einem einzelnen Farbkanal unwahrscheinlich. „Last but not least“ wäre hier eine Reparatur auch einfach.

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Die 45° Winkelkonstruktion zwischen WireGrid und SXRD Panel
ist gut zu erkennen

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Bleibt der Kern des optischen Blocks, der sich nach Lösen weiterer Schrauben entfernen lässt. Hier haben wir schließlich genau den oben erläuterten Aufbau in der Hand: Die drei Wiregrids, die im 45° Winkel den SXRD Panels vorgeschaltet sind. Auch hier zeigt die Taschenlampe, dass das Licht nicht komplett blockiert wird.

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Ungewöhnlich viel Licht gelang durch den optischen Block,
das eigentlich blockiert werden sollte
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Auch die WireGrids wirken auf den ersten Blick klar und spiegeln gleichmäßig, interessant wird es, wenn man die Polarisationseigenschaften der drei WireGrids begutachtet, wofür wir einen speziellen Polfilter vor die Kamera halten. Das Ergebnis wirft Fragen auf.

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Die Polarisationsbeschichtung der WireGrids
wirkt ungleichmäßig und beschädigt
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Die Beschichtung  wirkt ungleichmäßig mit Schlieren und „Löchern“ und sieht so aus, als wäre sie beschädigt. Allerdings liegt diese Beschichtung auf der Innenseite des optischen Blocks. Dies wiederum wirft die Frage auf, wie diese Schäden entstehen konnten. Zumindest scheint der Verdacht bestätigt, dass die Wiregrids maßgeblich am Kontrastverlust beteiligt sind. Anscheinend ist der Aufbau mit halb offen liegenden Wiregrids nicht so langzeitstabil, wie andere.

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Ähnlicher Aufbau in der JVC-X-Serie

Auch JVC hatte in seiner X-Serie diesen Aufbau verwendet, wie unser Foto oben beweist. Zwar gab es hier keinen Kontrastverlust, aber ebenfalls massive Driftprobleme, die nahezu jedes Gerät aufwies, aber zum Glück in den allermeisten Fällen auch behoben werden konnte. JVC hat inzwischen den optischen Aufbau wieder verändert und setzt statt halboffener Wiregrids wieder komplett geschlossene Polarization Beam Splitter ein.

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JVC N-Serie: Neuer Aufbau mit komplett versiegelten WireGrids
(gelber Kreis)

Soweit die Erkenntnisse, die durch unsere erste Beamer-Sektion gewonnen werden konnten.  Natürlich konnten sie nicht abschließend das Phänomen erklären, was ohne Stellungnahme des Herstellers nicht möglich ist. Aber es verdichten sich die Hinweise, dass konstruktionsbedingte Probleme vorliegen.

Wir werden daher weiter Daten von Gebrauchtgeräten sammeln und bei besonders schweren Fällen einen Blick ins Innere der Geräte riskieren, vor allem bei der neueren 4K Generation könnte dies erneut spannend werden und Überraschungen bringen, sowohl negative, als auch positive. So sind uns auch wieder SXRD-Geräte begegnet, die im fortgeschrittenen Alter keinen(!) nennenswerten Drift / Verlust aufweisen und nicht dauerhaft genutzt wurden. Diese werden bei unserer nächsten Drift-Statistik „Teil2“ in einigen Wochen mit berücksichtigt werden.  Und „last but not least“: Auch die XW-Serie haben wir im Auge, bald ist es Zeit für die ersten Drift-Analysen… es bleibt also spannend!