Und wieder war ein treuer Sony Großbildfans bei uns zu Besuch, mit gleich zwei VW-Modellen im Gepäck: Einem Sony VPL-VW570 und einem Sony VPL-VW790:

VW570-590

Beide haben wir vermessen und schon vorweg können wir sagen: Die einzige Prognose, die man in Sachen VW-Drift geben kann, ist die, dass man keine geben kann. Bei der XW-Serie gibt es hingegen eine erfreuliche Wendung…. Aber lesen Sie selbst…

Fall1: Sony VPL-VW570

Den ersten Kandidaten, ein Sony VW570, hatten wir schon vor gut einem Jahr vermessen. Die Geschichte dahinter ist nahezu „tragisch“: Wenige Wochen nach Garantie-Ende hat der Kunde die etwas flaue Bilddarstellung und einen ungleichmäßigen Schwarzwert bemerkt und den Sony Service kontaktiert. Dieser hat ihn nicht sofort abgewiesen, sondern viele Details wie Nutzungsdauer, Fotos etc.. angefordert. Schließlich wurde der Beamer zur Überprüfung dem Service übergeben. Ergebnis: Ja, besagter VW570 hat laut Sony eindeutig einen Kontrast-Schaden, aber wegen der um wenige Wochen verpassten Garantie wird keinerlei Kulanz gewährt, die Reparatur (Tausch der Lightengine) sollte über €6000.- kosten.

Der Kunde hat verständlicherweise dankend abgelehnt. Wir für unseren Teil verstehen Sony hier nicht, denn auch wenn die Meldung ein wenig zu spät kam, so wurde ja ein Mangel eingeräumt, den der Kunde nicht verursacht hat und der auf die bekannte Drift-Problematik zurückzuführen ist, die ja auch vor dem Ablauf der Garantie begonnen hat. Nachdem der VW570 aus dem Service zurückgekommen war, hatten wir ihn vermessen und die typischen Symptome vorgefunden: Gammadrift, Farbraumschwund und ein Kontrasteinbruch auf 2000:1. Nach aufwändiger Kalibrierung bei einem engagierten Heimkinoenthusiasten machte der VW570 wieder ein recht gutes Bild, aber der Schwarzwertverlust bleibt unrevidierbar.

Nach einem weiteren Jahr haben wir den VW570 nun ein zweites Mal vermessen und waren gespannt, ob / wie der Drift weiter vorangeschritten ist. Sehr zu unserer Überraschung hat sich der VW570 anscheinend bei 2000:1 stabilisiert, obwohl er in dem Jahr nicht mehr genutzt wurde, also nur schädliche Standzeit hinzukam. Immerhin ein kleiner Trost, der aber den Kunden wenig half. Wir fassen kurz zusammen:

Sony VPL-VW570
– Nach 2 Jahren und wenigen hundert Stunden Nutzung massiver Drift und Kontrastabfall auf 2000:1.
– Nach 3,5 Jahren ohne weitere Nutzung weiterhin stabil bei 2000:1

 

Fall2: Sony VPL-VW790

Wider besseres Wissen ist derselbe Kunde Sony treu geblieben und hat sich einen VPL-VW790 zugelegt. Mit diesem war er bis dato sehr zufrieden, wollte aber durch eine Messung mit uns endlich Gewissheit haben. Denn schließlich ist besagter VW790 nun fast auf den Monat genauso alt, wie der VW570, als er auf den massiven Einbruch aufmerksam wurde.

Wir gingen direkt in medias res uns haben die Kontrast zuerst vermessen. Schnell stellte sich Erleichterung ein: Der VW790 erreichte kalibriert über 10,000:1, bei nativer Farbtemperatur sogar 12000:1. Auch wenn uns keine Neudaten vorlagen, so sind dies doch Werte, die durchaus auch bei nagelneuen VW790 möglich sind. Besagter VW790 hatte also tatsächlich bislang keinen oder nur einen sehr moderaten Kontrastverlust.  Dies ist interessant, da er ja dasselbe geringe Nutzungsprofil aufweist, wie der VW570.

Weiter ging es mit den Farben: Aufgrund des stabilen Schwarzwertes war eigentlich auch hier kein großer Drift zu erwarten, aber auch hier wurden unsere Erwartungen schnell widerlegt: Tatsächlich zeigte das Gerät vor allem bei DCI P3 Farbraum einen sehr starken Drift in Rot und einen Drift in Grün Richtung Gelb auf. Interessanterweise war auch das Blau Richtung Grün gedriftet. Das Gamma war hingegen nur leicht gedriftet und noch im „grünen Bereich“.

VW790b_drift

Mit Hilfe des sehr guten Lowlevel-ColorManagements des VW790 konnten wir den Farbraumdrift schnell beheben (sowohl bei BT709  als auch DCI P3) und der VW790 lief wieder in Höchstform. Aufgrund des Phänomens „Drift vor allem in einer Farbe, ohne nennenswerten Kontrastverlust“, schauten wir uns den Schwarzwert noch einmal genauer an und stellten fest: Obwohl der Schwarzwert nach wie vor hervorragend war, zeigte er einen leichten Rotstich, auch bei perfekt eingestellten Schwarzpegeln. Rotes Licht wurde also schlechter geblockt, als blaues oder grünes, was eher untypisch ist (denn Rot ist besonders langwellig).

Sony VPL-VW790
– Nach 2 Jahren und wenigen hundert Stunden kein signifikanter Kontrastverlust
– Allerdings starker Drift vor allem in Rot.

 

Neue Erkentnnisse?

Was machen diese Messungen so besonders, dass wir sie hier einzeln behandeln? Es sind die folgenden Beobachtungen, die weitere Schlüsse zulassen:

1) Bei ein und derselben Nutzung fällt der Drift nicht unbedingt identisch aus: Beide Projektoren wurden vom selben Besitzer gleich genutzt, er hat sein Verhalten nach dem Umstieg auf den VW790 nicht geändert. Dennoch hat eines der beiden VW Modelle in den ersten zwei Jahren über 80% seines Kontrastes verloren, während das andere Modell unter denselben Bedingungen stabil blieb. Dies deutet darauf hin, dass nicht nur die Nutzungsweise eine Rolle spielt, sondern auch eine Serienschwankung bzw. Toleranzen in der Fertigung ursächlich sind.

2) Auch die Tatsache, dass im zweiten Fall ein starker Farbdrift ohne nennenswerten Kontrastverlust auftrat, ist bemerkenswert. Zieht man die Beobachtung hinzu, dass vor allem der Rotkanal gedriftet war, wird deutlich, dass auch nur einer der drei Farbkanäle vom Drift betroffen sein kann. Auch das deutet auf eine Serienstreuung hin (hier: Ein Bauteil im roten Kanal stärker gedriftet, als andere).

Diese ganzen Erkenntnisse untermauern, dass die VW Serie konstruktionsbedingt driftet, die Stärke des Drifts aber nicht nur von der Nutzung, sondern auch der Serientoleranz in der Fertigung abhängt. Dies deutete sich auch schon bei unseren anderen Messreihen an, bei denen es auch Modelle gab, die wenig genutzt wurden, und trotzdem nicht drifteten, während andere viel benutzte dennoch einen Kontrastverlust aufwiesen.

Es tut sich was!

Soweit die VW Serie, es gibt aber auch (hoffentlich) positive Neuigkeiten zur XW-Serie: Das Sony EU Headquarter für Projektoren hatte uns vor zwei Wochen ein aufklärendes Gespräch angeboten, das wir gerne angenommen haben. Der Inhalt des Gesprächs unterliegt weitgehend (noch) der Geheimhaltung, so dass wir an dieser Stelle nicht zu sehr ins Detail gehen können. Was wir aber schon jetzt verraten können: In diesem Gespräch hat man mit uns sehr offen die Ursachen für unsere Messergebnisse und das Phänomen Drift diskutiert und auch die Maßnahmen erläutert, die getroffen wurden, ähnliches bei der XW-Serie zu verhindern. Man hat uns auch bestätigt, dass diese Maßnahmen bei Sonys absolutem HighEnd Projektor, dem VPL-GTZ380, bereits zum Einsatz kamen (etwas, was in Social-Media schon länger diskutiert wird).

GTZ380_Chassis

Unsere (vorläufigen) Einschätzungen: Sonys Ausführungen klangen sehr plausibel, aber die XW-Serie ist noch nicht alt genug, den Kontrastverlust detailliert zu überprüfen. Die ersten 12 Monate verhalten sich XW-Modelle kontrasttechnisch absolut stabil, wie unsere ersten Messreihen zeigten. Wir werden dies weiter beobachten.

Der GTZ 380 hingegen feiert diesen Herbst tatsächlich schon seinen dritten Geburtstag und bietet daher genügend „Reife“, um einen etwaigen Kontrastverlust zu überprüfen. Die Tatsache, dass Sony beim GTZ380 ein natives Kontrastverhältnis angibt, erleichtert den Bezug zu den tatsächlichen Spezifikationen eines Neugerätes. (Auch wir hatten damals ein GTZ380-Neugerät getestet, den Test findet Ihr hier).

Ausblick!

Unser nächstes Special zum Thema Drift und Kontrastverlust wird daher besonders spannend. Wir werden darin ausführlich behandeln:

1)  Die möglichen Ursachen für Drift in Gamma und Farben und wie man sie effektiv behebt.

2)  Die möglichen Ursachen für den Kontrastverlust im Detail

3) Sonys Stellungnahme und die Maßnahmen, die bei der neuen XW-Serie ergriffen wurden.

4) Unsere detaillierten, technischen Einschätzungen zu diesen Maßnahmen.

5) Überprüfung des Kontrastes/Drift anhand von „alten“ GTZ-380 Geräten (>2 Jahre).

6) Erläuterungen zu Sonys Nutzungseinschränkungen in der XW-Bedienungsanleitung.

 

Nachwort

Es tut sich also endlich was, aber es gibt weiterhin viel zu tun. An diese Stelle möchten wir uns ausdrücklich bei Sony bedanken, dass sie unser Gesprächsangebot annehmen und so offen mit uns die Problematik erörtern. Cine4Home geht es grundsätzlich ausschließlich darum, objektive Fakten zu Projektoren- und TV- Modellen aller Art zu liefern, egal welcher Marke. Dazu gehört es einerseits, die (zum Glück) oft erfreulichen Ergebnisse den Großbildfans in der ganzen Welt mitzuteilen (was alle freut), aber andererseits auch, den Finger in die Wunde zu legen, wenn es signifikante Probleme gibt.

Dabei gibt es keine Bevorzugung einer Marke, wie unsere besonders kritische Berichterstattung in der Vergangenheit zu Epson (erste LS-Serie), JVC (erste N-Serie), Samsung (3D-Auflösungsproblem) und Sony (Kontrast) beweist. Dies ist nicht immer ganz einfach gegen die dahinter stehenden wirtschaftlichen Interessen und Lobbybildungen, aber die Vergangenheit hat auch gezeigt: Arbeiten alle gemeinsam miteinander und nehmen die Interessen und Rechte der Verbraucher ernst, sind Produkte, Hersteller und Händler besonders erfolgreich! Genau dafür setzen wir uns weiterhin ein, seit Neuestem auch mit stärkerer Unterstützung besonders unabhängiger Händler (z.B. AVITECT, Beamer24, SOUNDBROTHERS, Heimkino.Boutique und mehr).  

Wir bleiben für Euch am Ball!

Euer Cine4Home Team!
Ekki Schmitt