Die Anfragen reißen nicht ab: Noch immer beschäftigt das Thema Kontrastverlust viele betroffene Besitzer von Sony VW- und HW- Modellen. Und auch viele Interessenten bzgl. der neuesten „XW“-Generation fragen sich: „Sind die neuen Modelle endlich langzeitstabiler?“
Da Sony selbst offiziell bisher keine Stellung bezieht und die neue Passage in der Anleitung (s.o.) wenig Hoffnung macht, haben wir uns entschlossen, wieder eigene Recherchen durchzuführen, indem wie gelagerte und genutzte XW-Modelle nach relevanter Zeit vermessen. Unterstützt werden wir dabei von besonders ehrlichen und engagierten Heimkinohändlern und Cine4Home-Partnern wie z.B. Beamer24 in Riedstatt.
Wir bedanken uns bei unserem langjährigen Partner
für die objektive Unterstützung im Interesse der Kunden:
Beamer24.de
Im Lager von Inhaber Kai Suckow befindet sich ein Sony VPL-XW7000, der im Juli 2022 hergestellt wurde, wie man dem Serienetikett entnehmen kann. Seit der Einführung im letzten Sommer ist dieses Modell schon um €2000.- im Preis gefallen, kostet aber immernoch die stattliche Summe von rund €13000,-.
Angebot & Nachfrage:
Die Idealo-Preisentwicklung der letzten Monate
Für dieses viele Geld sollte der Kunde ein Top HighEnd Projektor erwarten können, der in seiner Bildperformance auch über viele Jahre stabil sein sollte, erstrecht in Anbetracht seiner Laser-Light Engine.
Bei unserem letzten Besuch bei Beamer24 haben wir uns das Gerät vorgeknöpft und vermessen, um zu sehen, wie die Bildperformance nach 10 Monaten Lagerzeit ohne Nutzung ausfällt, hier die interessanten Ergebnisse:
1. Kontrast
Die schlimmste Form von Drift, die bei einem SXRD-Projektor auftreten kann, ist der Kontrastverlust: Einerseits verliert der Projektor dabei den entscheidenden Vorteil von LCOS-Beamern, den hervorragenden Schwarzwert, andererseits ist dieser Kontrastverlust irreparabel, der gute Schwarzwert kann nicht zurück geholt werden.
Als erstes messen wir daher den nativen Kontrast des XW7000 und werden positiv überrascht: Gute 11,000:1 erreicht das Gerät und ist damit ein besonders kontraststarker Vertreter der XW Generation (Serienschnitt bisher: 7500:1).
Ein Kontrastverlust ist bisher eindeutig nicht zu verzeichnen, was ein positives Zeichen ist. Ist die Messung hinreichend, um Entwarnung zu geben? Nein, denn idR. tritt der Kontrastverlust erst nach 12 bis 20 Monaten ein, es kann sich also noch etwas tun. Aber die Tatsache, dass bis heute das Gerät absolut stabil war, obwohl ungenutzt im Karton und kühlen Lager, gibt zumindest einen ersten Funken Hoffnung. Hier werden weitere Messungen nach längeren Zeiträumen notwendig werden und natürlich auch von uns durchgeführt.
2. Gamma
Weniger enthusiastisch haben wir das Ergebnis in Sachen Gamma wahrgenommen: Bei deaktivierter Gamma-Korrektur zeigt ein neuer Sony Projektor eine normgerechte 2,2-Gammakurve, ist also ab Werk richtig kalibriert.
Typische Werksabstimmung
bei Gamma „off“ bzw. „2.2“
Bei dem von uns vermessenen XW7000 sah das nach 10 Monaten Lagerung leider anders aus: Sein Gamma ist auf 2.1 abgefallen und sorgt so für eine leichte Überbelichtung.
Messergebnis XW7000
(nach 10 Monaten Lagerzeit)
Diese Abweichung konnte zwar leicht korrigiert werden, aber sie kann einer erstes Anzeichen von Drift-Erscheinungen sein. Allerdings ist ein Gamma-Drift bei langer Lagerung bislang markenübergreifend LCOS-typisch.
3. Farbtemperatur
Erste Drifterscheinungen auch bei der Farbtemperatur: Ab Werk zeigt ein Sony XW eine hervorragende Abstimmung der Farbtemperatur, ohne für das Auge sichtbar Abweichung:
Typisch: Werksabstimmung der Sony XW-Reihe ist nahezu perfekt
(vgl. Test hier)
Bei dem von uns vermessenen XW7000 sah das nach 10 Monaten Lagerung wieder anders aus, hier ist ein erster Drift in Richtung Blau zu verzeichnen.
Messergebnis XW7000
(nach 10 Monaten Lagerzeit)
Die resultierende Farbtemperatur liegt durch den erhöhten Blauanteil zu hoch, die Bilddarstellung wirkt dadurch zu kühl. Ein Drift in Richtung Blau ist für SXRD-Projektoren typisch und kann ein erstes Anzeichen dafür sein, dass die Polarisierung von Blau nicht mehr auf Werksniveau ist (Blau ist wegen seiner kurzen Wellenlängen am empfindlichsten gegenüber Polarisationsschwankungen). Auch hier wird eine weitere Beobachtung notwendig werden, ob / wie sich dieses Driftverhalten weiter ausweitet oder stabilisiert.
4. Farbraum
Sony SXRD Projektoren mit stark ausgeprägtem Drift zeigen auch blasse Farben. Dies liegt aber nicht daran, dass interne Farbfilter ausgeblichen sind, sondern ist auch eine gewisse Form des Gammadrifts: Jeder vom Projektor darstellbare Farbton entspricht einer Mischung aus Rot, Grün und Blau (auch die kalibrierten Grundfarben selbst), diese Mischung wiederum wird von der internen Signalverarbeitung per „Look Up Table“ digital ermittelt und anschließend optisch von den drei LCDs in Licht umgewandelt.
Sehr gute Werksabstimmung, wenn neu
Ist aber das Blau-Gamma durch den Drift „zu hell“, so wird bei der optischen Farberzeugung grundsätzlich zu viel Blau beigemischt und der resultierende Farbraum ist Richtung Blau verschoben (bei Rec709 auch die Grundfarben selbst). Je stärker der Drift desto blasser wirken die resultierenden Farben, weil der Farbraum „schrumpft“.
Maximaler Farbraum-Drift eines Sony VW-Modells
nach mehreren Jahren
Dieser Farbraumverkleinerung erfolgt grundsätzlich Richtung Blau. Neu ab Werk zeigen die Sony XW-Modelle eine hervorragende Abstimmung auf die Videonorm, alle Grundfarben liegen in kleinen Toleranzen.
Messergebnis XW7000
(nach 10 Monaten Lagerzeit)
Bei unserem gelagerten XW7000 sieht dies etwas anders aus: Die Grundfarben Grün und Blau sind bereits leicht in Richtung Blau gewandert und der Farbraum dadurch ebenfalls leicht verkleinert. Noch ist der Drift minimal und schnell zu korrigieren, aber Perfektion nicht mehr gegeben.
Fazit
Unsere erste Untersuchung eines eingelagerten XW7000 zeigt interessante und relevante, aber noch keine hinreichenden Ergebnisse: Wie viele LCOS Projektoren, scheint auch die XW-Serie bei langer Nichtnutzung Gammadrifts aufzuweisen, die mit der typischen Verlagerung aller Farbtöne ich Richtung Blau einhergehen. Nach 10 Monaten sind diese Abweichungen allerdings noch subtil und schnell korrigierbar. Der Kontrast ist nach diesem Zeitraum noch stabil, ein Einbruch ist nicht zu verzeichnen.
Sicher ist nach diesen ersten Ergebnissen schon, dass man einen Sony XW-Projektor nach längerer Lagerzeit grundsätzlich überprüfen und nachkalibrieren sollte. Unklar bleibt aber weiterhin, ob es bei diesen leichten Drifterscheinungen und dem stabilen Kontrast bleibt, oder (wie oft bei der VW Serie) erst im Laufe der Zeit die Veränderungen sich verstärken / eintreten. Diese Fragen können wir erst beantworten, wenn wir weitere Sony XW-Modelle über einen noch längeren Zeitraum beobachten und vermessen. Und genau das tun wir: In Kürze vermessen wir einen XW5000 und vergleichen die aktuellen Ergebnisse mit dem Neuzustand. Es bleibt also (vorerst) spannend…
